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Studien Zeitreihen |
ZA 8228 | Konjunktur | Spiethoff, Arthur, Die wirtschaftlichen Wechsellagen 1837 bis 1937 – Aufschwung, Krise, Stockung. |
504 Zeitreihen (1800 - 1939) 37 Tabellen |
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Bibliographische Angaben
Studiennummer: ZA 8228
Studientitel: Die wirtschaftlichen Wechsellagen 1837 bis 1937 – Aufschwung, Krise, Stockung.
Erhebungs- bzw. Untersuchungszeitraum: 1800 - 1939
Primärforscher: Spiethoff, Arthur
Veröffentlichung (gedruckte Veröffentlichung): Spiethoff, A., 1955: Die wirtschaftlichen Wechsellagen. Aufschwung, Krise, Stockung. Band II. Lange Reihen über die Merkmale der wirtschaftlichen Wechsellagen. Tübingen/Zürich: J.C.B. Mohr.
Empfohlene Zitation (Datensatz):
Spiethoff, Arthur, (1955 [2006]) Die wirtschaftlichen Wechsellagen 1837 bis 1937 – Aufschwung, Krise, Stockung.
Daten entnommen aus:
GESIS Datenarchiv, Köln. histat.
Studiennummer 8228
Datenfile Version 1.0.0
Studientitel: Die wirtschaftlichen Wechsellagen 1837 bis 1937 – Aufschwung, Krise, Stockung.
Erhebungs- bzw. Untersuchungszeitraum: 1800 - 1939
Primärforscher: Spiethoff, Arthur
Veröffentlichung (gedruckte Veröffentlichung): Spiethoff, A., 1955: Die wirtschaftlichen Wechsellagen. Aufschwung, Krise, Stockung. Band II. Lange Reihen über die Merkmale der wirtschaftlichen Wechsellagen. Tübingen/Zürich: J.C.B. Mohr.
Empfohlene Zitation (Datensatz):
Spiethoff, Arthur, (1955 [2006]) Die wirtschaftlichen Wechsellagen 1837 bis 1937 – Aufschwung, Krise, Stockung.
Daten entnommen aus:
GESIS Datenarchiv, Köln. histat.
Studiennummer 8228
Datenfile Version 1.0.0
Inhalt der Studie
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Studienbeschreibung:
Der an der Universität Bonn lehrende Nationalökonom Arthur Spiethoff zählte zu den bedeutendsten Forschern auf dem Gebiet der Konjunkturtheorie. Umfassend dargestellt hat er seine Theorie im Artikel „Krisen“, der 1923 im Handwörterbuch der Staatswissenschaften erschien (Spiethoff, A.: Artikel „Krisen“, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4.A., Bd. 6, Jena 1925, S. 8-91). Einer der ältesten wirtschaftstheoretischen Problemkreise befasst sich mit der Krise, jener „ … Spanne Zeit, in der sich unter plötzlichen, heftigen Erscheinungen die Umwandlung eines krankhaften wirtschaftlichen Zustandes entscheidet“ (Spiethoff, a.a..O., S. 8). Das Wirtschaftsleben der Krise erlahmt, Kredite werden Not leidend oder gekündigt, Bankrotte häufen sich. Es folgt eine allgemeine Stockung der Geschäfte, das Preisniveau fällt, Produktionsfaktoren werden freigesetzt, Arbeitskräfte finden keine neue Beschäftigung, die allgemeine Stimmung ist getrübt. Konkrete Erfahrungen dieser Art nahmen mit dem Übergang der nationalen Wirtschaften in West- und Mitteleuropa von der vor- zur frühkapitalistischen Produktionsweise zu und so liegt es auf der Hand, dass in Zeiten einer ohnehin knappen Versorgungsdecke, wie in den Anfängen der Industrialisierung noch typisch, schon kleine allgemeine wirtschaftliche Störungen eine schwere Beeinträchtigung der Wohlfahrt breiter Bevölkerungskreise und im Gefolge, der öffentlichen Ordnung bedeuten konnten. Aber der Gedanke, dass es sich dabei um ein besonderes Phänomen industrialisierter Produktionsprozesse handeln könnte, war erst auf dieser Basis gewachsener Erfahrungen formulierbar und tauchte deshalb als eigenständige wirtschaftstheoretische Fragestellung auch erst nach der Herausbildung der wesentlichsten klassisch-liberalen ökonomischen Grundsätze durch Adam Smith auf. In den der Veröffentlichung seines „Wealth of Nations“ folgenden Jahrzehnten entstanden die verschiedensten Krisenhypothesen, herausgefordert durch das immer wiederkehrende Paradoxon allgemeinen wirtschaftlichen Aktivitätsverlustes trotz wachsenden Bedarfs. Als Höhepunkt und gleichzeitige Überwindung des auf die Krise fokussierten Theorieabschnitts kann Arthur Spiethoffs Artikel „Krisen“ gelten. Dabei handelt es sich um das Konzentrat aus einem umfangreichen Werk (verwirklicht erst 30 Jahre später: Spiethoff, A., 1955: Die wirtschaftlichen Wechsellagen. Aufschwung, Krise, Stockung. Band I. Erklärende Beschreibung. Tübingen/Zürich: J.C.B. Mohr). Der Artikel beginnt mit einer Beschreibung historischer Krisen, diskutiert verschiedene Krisenerklärungen und leitet schließlich in eine Theorie der „wirtschaftlichen Wechsellagen“ über, die die Krise aus der bislang vorherrschenden isolierenden Betrachtung löst, sie als Teil eines zusammenhängenden Wirtschaftsprozesses darstellt und damit der Krisenforschung eine Wende zur ganzheitlichen Analyse des zyklisch gedachten Konjunkturverlaufes gibt: „Das ‚Normale’ ist weder Aufschwung, noch Stockung, noch, was gar nicht in Frage kommt, Krise. Das Normale der freien, geldwirtschaftlichen Marktverfassung ist der Kreislauf der Wechsellagen“ (Spiethoff, a.a.O., S. 82). In diesem häufig zitierten Artikel fanden so ziemlich alle Richtungen, die die Konjunkturtheorie Anfang dieses Jahrhunderts ausbildete, und die in der Konjunktur- und Krisendebatte zur Zeit der Deflationskrise von Bedeutung waren, Material und Hinweise zur vertiefenden Fragestellung, an kaum einer anderen Stelle wird eine solche Fülle von Beobachtungen und konjunkturrelevanten Fakten präsentiert und auf ihre Bedeutung für die Krisenerscheinung hin untersucht. In seiner Konjunkturtheorie vereinigten sich die Gedanken Juglars über die Periodizität der Konjunkturschwankungen mit der Verarbeitung bedeutender Mengen empirischen Datenmaterials. In seinem Artikel „Krisen“ beschrieb er die Bewegungen der deutschen Wirtschaft im Zeitraum von 1822 bis 1913 und lieferte dabei nicht nur eine Längsschnitt-, sondern auch eine Querschnittsanalyse. Spiethoff war der Ansicht, dass allenfalls die Preise der Grundstoffe und Investitionsgüter (Güter des mittelbaren Verbrauchs) eine leidlich gute Übereinstimmung mit dem Wechsellagenrhythmus vor dem 1. Weltkrieg aufweisen, hingegen nicht die Preise der Konsumgüter. „aus der Gesamtpreisbewegung (Allgemeines Preisniveau) Deutschlands die Wechsellagen abzulesen, dürfte schwerlich möglich sein“. Neben einigen Kapitalmarktindikatoren war der Konjunkturindikator Spiethoffs der Eisenverbrauch (Summe von Eisenerzeugung und Einfuhren abzüglich der Ausfuhren). Mit Hilfe des Eisenverbrauchs suchte Spiethoff die für den Konjunkturverlauf seiner Meinung nach beherrschende Größe, die Schwankungen der Investitionsaktivität, zu erfassen, die man seinerseits nicht messen konnte. (Spiethoff, a.a.O., 83)
Grundgedanke von Spiethoffs Theorie der Konjunkturbewegungen (in seinem Sprachgebrauch: „Wechsellagen“) ist, dass die Bewegungen der Wirtschaft durch zyklische Veränderungen im Verhältnis von Kapitalbedarf und Kapitalversorgung bestimmt werden. Dabei sind sogenannte „Ertragsgüter“ – Produktionsmittel und Investitionsgüter – entscheidend für die Konjunkturbewegung (Schlüsselrolle der Investitionstätigkeit für die Erklärung des Konjunkturgeschehens). Der wichtigste Bestandteil der Spiethoffschen „Ertragsgüter“ ist Eisen, weshalb sein Verbrauch zu den wichtigsten Merkmalen innerhalb des von Spiethoff konzipierten „Musterkreislaufes der wirtschaftlichen Wechsellagen“ gehört. Der Aufschwung entsteht durch Verstärkung der Kapitalanlage, die Stockung wird herbeigeführt durch die Übererzeugung, die notgedrungen ausbrechen muss, wenn die Produktion der Anlagegüter das Maß der zu ihrem Ankauf verfügbaren Kapitalien überschreitet. Die Krise steht außerhalb dieses Kreislaufes, denn der Aufschwung kann auch unmittelbar in die Stockung übergehen.
Mit den in den zwanziger Jahren öfters propagierten Gedanken einer „konjunkturlosen Wirtschaft“ konnte Spiethoff sich nicht anfreunden. Mit der Ansicht, dass die weitgehende Ausschaltung von Konjunkturschwankungen nicht wünschenswert sei, standen er und Schumpeter weitgehend allein. Eine Sonderstellung in Spiethoffs System besaß hingegen die Wirtschaftskrise: sie war für ihn weder ein unentrinnbares Schicksal noch eigneten ihr die Vorzüge einer „normalen“ Depression. Die Krise bedeutete den Ausnahmezustand. Sein Resümee: Gibt es keine Konjunkturschwankungen mehr, so ist es auch mit wirtschaftlicher Machtentfaltung und stürmischer Reichtumsvermehrung vorbei. Sollten sie einmal verschwinden, dann wäre eine neue Stufe der geschichtlichen Entwicklung erreicht (Spiethoff, Artikel „Krisen“, S. 85f).
Komprimiert zeigt Spiethoffs Krisentheorie folgende Struktur:
Ursächlich für die Dynamik des Wirtschaftsprozesses sind
(1) das unbändige Erwerbsstreben, d.h. die seelische Grunddisposition des dynamischen, kapitalistischen Unternehmers zu wirtschaftlicher Expansion, sowie eine sich sprunghaft und unkalkulierbar entwickelnde technisch-organisatorische Produktivkraft,
die gemeinsam in jedem Aufschwung dahin tendieren, die Erzeugung der mittelbaren Verbrauchsgüter über die durch die Nachfrage gesetzten Grenzen auszudehnen (Überzeugung). Jedoch muss als Voraussetzung für eine derartige, disproportionale Fehlentwicklung
(2) eine freie, geldwirtschaftliche Marktverfassung
gegeben sein, weil nur in einer solchen – im Unterschied zur naturalwirtschaftlichen Tauschorganisation – das Preissystem als Kommunikator der realen Marktverhältnisse auf den Märkten versagen kann. Die effektive Auslösung zur Trendwende am jeweiligen Ende einer wirtschaftlichen Entwicklungsrichtung wird dann
(3) im Hochschwung durch die Aufzehrung des Sparkapitals, also vom Mangel an Kaufkraft (Erwerbskapital) erzwungen, während sie
(4) in der Stockung eines willkürlichen Anstoßes (der unternehmerischen Initiative) bedarf.
Als Struktureigenheit der kapitalistischen Produktionsweise tritt
(5) eine ungleichmäßige Einkommensverteilung hinzu,
die im Aufschwung die Anlage von Sparkapital in Erwerbsgütern über das einer gleichmäßigen Wirtschaftsentwicklung förderliche Maß hinaus begünstigt, im Aufschwung dagegen Kaufkraft in liquide Anlagen (Geldtitel) lenkt, also vom Gütermarkt zurückhält und auf diese Weise pro-zyklisch wirkt.
Seine Erklärung der wirtschaftlichen Wechsellagen gilt als ein Prototyp der warenwirtschaftlichen Konjunkturtheorien, die sich durch Betonung disproportionaler Entwicklungen bestimmter quantitativer wirtschaftlicher Größen zueinander auszeichnen und damit den Konjunkturverlauf als Phasenfolge konkreter Stadien solcher Disproportionalitäten beschreiben. In der Herleitung der Ursachen erweist sich aber Spiethoffs Theorie trotz ihres monokausalen Argumentationsaufbaus auf der Überproduktionsthese weder einseitig nur an quantitative Wechselbeziehungen gebunden noch ideologisch fixiert. Im Gegenteil, infolge ihrer weiten Perspektive, die psychologische, sozio - ökonomische und monetäre Kriterien mit erfasst, liefert sie auch anderen Erklärungsansätzen hilfreiche Stichworte als Referenz, so dass der hier besprochene, gleichermaßen faktenreiche wie theoretisch eindrucksvolle Beitrag nicht nur unter deutschsprachigen Konjunkturforschern als ein Höhepunkt in der Geschichte des Faches gilt. Dogmenhistorisch gesehen ist Spiethoffs Bedeutung damit aber noch nicht erschöpft, denn häufig erkennt man in der komplexen Struktur des konjunkturtheoretischen Ideengefüges der 20er und 30er Jahre isolierend fortgeführte Linien seines Denkens, woran sich die zentrale Position seines Konjunkturkonzepts im Schnittpunkt der methodischen, wirtschaftsphilosophischen und ideologischen Strömungen seiner Zeit erweist. Dieser vielfältigen Verbundenheit mit unterschiedlichen Sichtweisen und z. T. auch divergierenden methodischen Ansatzpunkten, bei Wahrung eines eigenständigen Standpunktes, ist wohl ebenso wie der profunden Aufbereitung wirtschaftshistorischen Materials die breite Aufnahme und Diskussion seiner Thesen zu danken.
Der an der Universität Bonn lehrende Nationalökonom Arthur Spiethoff zählte zu den bedeutendsten Forschern auf dem Gebiet der Konjunkturtheorie. Umfassend dargestellt hat er seine Theorie im Artikel „Krisen“, der 1923 im Handwörterbuch der Staatswissenschaften erschien (Spiethoff, A.: Artikel „Krisen“, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4.A., Bd. 6, Jena 1925, S. 8-91). Einer der ältesten wirtschaftstheoretischen Problemkreise befasst sich mit der Krise, jener „ … Spanne Zeit, in der sich unter plötzlichen, heftigen Erscheinungen die Umwandlung eines krankhaften wirtschaftlichen Zustandes entscheidet“ (Spiethoff, a.a..O., S. 8). Das Wirtschaftsleben der Krise erlahmt, Kredite werden Not leidend oder gekündigt, Bankrotte häufen sich. Es folgt eine allgemeine Stockung der Geschäfte, das Preisniveau fällt, Produktionsfaktoren werden freigesetzt, Arbeitskräfte finden keine neue Beschäftigung, die allgemeine Stimmung ist getrübt. Konkrete Erfahrungen dieser Art nahmen mit dem Übergang der nationalen Wirtschaften in West- und Mitteleuropa von der vor- zur frühkapitalistischen Produktionsweise zu und so liegt es auf der Hand, dass in Zeiten einer ohnehin knappen Versorgungsdecke, wie in den Anfängen der Industrialisierung noch typisch, schon kleine allgemeine wirtschaftliche Störungen eine schwere Beeinträchtigung der Wohlfahrt breiter Bevölkerungskreise und im Gefolge, der öffentlichen Ordnung bedeuten konnten. Aber der Gedanke, dass es sich dabei um ein besonderes Phänomen industrialisierter Produktionsprozesse handeln könnte, war erst auf dieser Basis gewachsener Erfahrungen formulierbar und tauchte deshalb als eigenständige wirtschaftstheoretische Fragestellung auch erst nach der Herausbildung der wesentlichsten klassisch-liberalen ökonomischen Grundsätze durch Adam Smith auf. In den der Veröffentlichung seines „Wealth of Nations“ folgenden Jahrzehnten entstanden die verschiedensten Krisenhypothesen, herausgefordert durch das immer wiederkehrende Paradoxon allgemeinen wirtschaftlichen Aktivitätsverlustes trotz wachsenden Bedarfs. Als Höhepunkt und gleichzeitige Überwindung des auf die Krise fokussierten Theorieabschnitts kann Arthur Spiethoffs Artikel „Krisen“ gelten. Dabei handelt es sich um das Konzentrat aus einem umfangreichen Werk (verwirklicht erst 30 Jahre später: Spiethoff, A., 1955: Die wirtschaftlichen Wechsellagen. Aufschwung, Krise, Stockung. Band I. Erklärende Beschreibung. Tübingen/Zürich: J.C.B. Mohr). Der Artikel beginnt mit einer Beschreibung historischer Krisen, diskutiert verschiedene Krisenerklärungen und leitet schließlich in eine Theorie der „wirtschaftlichen Wechsellagen“ über, die die Krise aus der bislang vorherrschenden isolierenden Betrachtung löst, sie als Teil eines zusammenhängenden Wirtschaftsprozesses darstellt und damit der Krisenforschung eine Wende zur ganzheitlichen Analyse des zyklisch gedachten Konjunkturverlaufes gibt: „Das ‚Normale’ ist weder Aufschwung, noch Stockung, noch, was gar nicht in Frage kommt, Krise. Das Normale der freien, geldwirtschaftlichen Marktverfassung ist der Kreislauf der Wechsellagen“ (Spiethoff, a.a.O., S. 82). In diesem häufig zitierten Artikel fanden so ziemlich alle Richtungen, die die Konjunkturtheorie Anfang dieses Jahrhunderts ausbildete, und die in der Konjunktur- und Krisendebatte zur Zeit der Deflationskrise von Bedeutung waren, Material und Hinweise zur vertiefenden Fragestellung, an kaum einer anderen Stelle wird eine solche Fülle von Beobachtungen und konjunkturrelevanten Fakten präsentiert und auf ihre Bedeutung für die Krisenerscheinung hin untersucht. In seiner Konjunkturtheorie vereinigten sich die Gedanken Juglars über die Periodizität der Konjunkturschwankungen mit der Verarbeitung bedeutender Mengen empirischen Datenmaterials. In seinem Artikel „Krisen“ beschrieb er die Bewegungen der deutschen Wirtschaft im Zeitraum von 1822 bis 1913 und lieferte dabei nicht nur eine Längsschnitt-, sondern auch eine Querschnittsanalyse. Spiethoff war der Ansicht, dass allenfalls die Preise der Grundstoffe und Investitionsgüter (Güter des mittelbaren Verbrauchs) eine leidlich gute Übereinstimmung mit dem Wechsellagenrhythmus vor dem 1. Weltkrieg aufweisen, hingegen nicht die Preise der Konsumgüter. „aus der Gesamtpreisbewegung (Allgemeines Preisniveau) Deutschlands die Wechsellagen abzulesen, dürfte schwerlich möglich sein“. Neben einigen Kapitalmarktindikatoren war der Konjunkturindikator Spiethoffs der Eisenverbrauch (Summe von Eisenerzeugung und Einfuhren abzüglich der Ausfuhren). Mit Hilfe des Eisenverbrauchs suchte Spiethoff die für den Konjunkturverlauf seiner Meinung nach beherrschende Größe, die Schwankungen der Investitionsaktivität, zu erfassen, die man seinerseits nicht messen konnte. (Spiethoff, a.a.O., 83)
Grundgedanke von Spiethoffs Theorie der Konjunkturbewegungen (in seinem Sprachgebrauch: „Wechsellagen“) ist, dass die Bewegungen der Wirtschaft durch zyklische Veränderungen im Verhältnis von Kapitalbedarf und Kapitalversorgung bestimmt werden. Dabei sind sogenannte „Ertragsgüter“ – Produktionsmittel und Investitionsgüter – entscheidend für die Konjunkturbewegung (Schlüsselrolle der Investitionstätigkeit für die Erklärung des Konjunkturgeschehens). Der wichtigste Bestandteil der Spiethoffschen „Ertragsgüter“ ist Eisen, weshalb sein Verbrauch zu den wichtigsten Merkmalen innerhalb des von Spiethoff konzipierten „Musterkreislaufes der wirtschaftlichen Wechsellagen“ gehört. Der Aufschwung entsteht durch Verstärkung der Kapitalanlage, die Stockung wird herbeigeführt durch die Übererzeugung, die notgedrungen ausbrechen muss, wenn die Produktion der Anlagegüter das Maß der zu ihrem Ankauf verfügbaren Kapitalien überschreitet. Die Krise steht außerhalb dieses Kreislaufes, denn der Aufschwung kann auch unmittelbar in die Stockung übergehen.
Mit den in den zwanziger Jahren öfters propagierten Gedanken einer „konjunkturlosen Wirtschaft“ konnte Spiethoff sich nicht anfreunden. Mit der Ansicht, dass die weitgehende Ausschaltung von Konjunkturschwankungen nicht wünschenswert sei, standen er und Schumpeter weitgehend allein. Eine Sonderstellung in Spiethoffs System besaß hingegen die Wirtschaftskrise: sie war für ihn weder ein unentrinnbares Schicksal noch eigneten ihr die Vorzüge einer „normalen“ Depression. Die Krise bedeutete den Ausnahmezustand. Sein Resümee: Gibt es keine Konjunkturschwankungen mehr, so ist es auch mit wirtschaftlicher Machtentfaltung und stürmischer Reichtumsvermehrung vorbei. Sollten sie einmal verschwinden, dann wäre eine neue Stufe der geschichtlichen Entwicklung erreicht (Spiethoff, Artikel „Krisen“, S. 85f).
Komprimiert zeigt Spiethoffs Krisentheorie folgende Struktur:
Ursächlich für die Dynamik des Wirtschaftsprozesses sind
(1) das unbändige Erwerbsstreben, d.h. die seelische Grunddisposition des dynamischen, kapitalistischen Unternehmers zu wirtschaftlicher Expansion, sowie eine sich sprunghaft und unkalkulierbar entwickelnde technisch-organisatorische Produktivkraft,
die gemeinsam in jedem Aufschwung dahin tendieren, die Erzeugung der mittelbaren Verbrauchsgüter über die durch die Nachfrage gesetzten Grenzen auszudehnen (Überzeugung). Jedoch muss als Voraussetzung für eine derartige, disproportionale Fehlentwicklung
(2) eine freie, geldwirtschaftliche Marktverfassung
gegeben sein, weil nur in einer solchen – im Unterschied zur naturalwirtschaftlichen Tauschorganisation – das Preissystem als Kommunikator der realen Marktverhältnisse auf den Märkten versagen kann. Die effektive Auslösung zur Trendwende am jeweiligen Ende einer wirtschaftlichen Entwicklungsrichtung wird dann
(3) im Hochschwung durch die Aufzehrung des Sparkapitals, also vom Mangel an Kaufkraft (Erwerbskapital) erzwungen, während sie
(4) in der Stockung eines willkürlichen Anstoßes (der unternehmerischen Initiative) bedarf.
Als Struktureigenheit der kapitalistischen Produktionsweise tritt
(5) eine ungleichmäßige Einkommensverteilung hinzu,
die im Aufschwung die Anlage von Sparkapital in Erwerbsgütern über das einer gleichmäßigen Wirtschaftsentwicklung förderliche Maß hinaus begünstigt, im Aufschwung dagegen Kaufkraft in liquide Anlagen (Geldtitel) lenkt, also vom Gütermarkt zurückhält und auf diese Weise pro-zyklisch wirkt.
Seine Erklärung der wirtschaftlichen Wechsellagen gilt als ein Prototyp der warenwirtschaftlichen Konjunkturtheorien, die sich durch Betonung disproportionaler Entwicklungen bestimmter quantitativer wirtschaftlicher Größen zueinander auszeichnen und damit den Konjunkturverlauf als Phasenfolge konkreter Stadien solcher Disproportionalitäten beschreiben. In der Herleitung der Ursachen erweist sich aber Spiethoffs Theorie trotz ihres monokausalen Argumentationsaufbaus auf der Überproduktionsthese weder einseitig nur an quantitative Wechselbeziehungen gebunden noch ideologisch fixiert. Im Gegenteil, infolge ihrer weiten Perspektive, die psychologische, sozio - ökonomische und monetäre Kriterien mit erfasst, liefert sie auch anderen Erklärungsansätzen hilfreiche Stichworte als Referenz, so dass der hier besprochene, gleichermaßen faktenreiche wie theoretisch eindrucksvolle Beitrag nicht nur unter deutschsprachigen Konjunkturforschern als ein Höhepunkt in der Geschichte des Faches gilt. Dogmenhistorisch gesehen ist Spiethoffs Bedeutung damit aber noch nicht erschöpft, denn häufig erkennt man in der komplexen Struktur des konjunkturtheoretischen Ideengefüges der 20er und 30er Jahre isolierend fortgeführte Linien seines Denkens, woran sich die zentrale Position seines Konjunkturkonzepts im Schnittpunkt der methodischen, wirtschaftsphilosophischen und ideologischen Strömungen seiner Zeit erweist. Dieser vielfältigen Verbundenheit mit unterschiedlichen Sichtweisen und z. T. auch divergierenden methodischen Ansatzpunkten, bei Wahrung eines eigenständigen Standpunktes, ist wohl ebenso wie der profunden Aufbereitung wirtschaftshistorischen Materials die breite Aufnahme und Diskussion seiner Thesen zu danken.
Methodologie
Untersuchungsgebiet:
Deutschland, von 1837 bis 1937.
Deutschland, von 1837 bis 1937.
Mehr
Quellentypen:
Deutsche Notenbankstatistik von 1847 bis 1875. Notenbank-Statistiken für Deutschland, Frankreich, England von 1914 bis 1937 nach den Veröffentlichungen der Fachpresse. Der ältere Berliner Privatdiskontsatz 1849 bis 1866 ist den Büchern eines führenden Berliner Bankhauses entnommen. Der ältere Diskontsatz der Bank von Frankreich musste teilweise aus der Presse erhoben werden, und für die Zeit nach 1914 wurde die Statistik der Höchst-, Mindest- und Durchschnittssätze des englischen, französischen und deutschen Börsen- und Notenbankdiskonts nach den täglichen Mitteilungen der Presse aufgebaut und berechnet. Dasselbe gilt für die Kursstatistik der englischen, französischen und deutschen Staatsanleihen dieser Zeit.
Reichsstatistik; Statistische Jahrbücher für das Deutsche Reich. Publiziertes Datenmaterial aus wiss. Untersuchungen.
Die Reihen stammen nur teilweise aus Erhebungen des Verfassers; sie sind für die Untersuchung zusammengestellt, vereinheitlicht und zum großen Teil berechnet worden.
Deutsche Notenbankstatistik von 1847 bis 1875. Notenbank-Statistiken für Deutschland, Frankreich, England von 1914 bis 1937 nach den Veröffentlichungen der Fachpresse. Der ältere Berliner Privatdiskontsatz 1849 bis 1866 ist den Büchern eines führenden Berliner Bankhauses entnommen. Der ältere Diskontsatz der Bank von Frankreich musste teilweise aus der Presse erhoben werden, und für die Zeit nach 1914 wurde die Statistik der Höchst-, Mindest- und Durchschnittssätze des englischen, französischen und deutschen Börsen- und Notenbankdiskonts nach den täglichen Mitteilungen der Presse aufgebaut und berechnet. Dasselbe gilt für die Kursstatistik der englischen, französischen und deutschen Staatsanleihen dieser Zeit.
Reichsstatistik; Statistische Jahrbücher für das Deutsche Reich. Publiziertes Datenmaterial aus wiss. Untersuchungen.
Die Reihen stammen nur teilweise aus Erhebungen des Verfassers; sie sind für die Untersuchung zusammengestellt, vereinheitlicht und zum großen Teil berechnet worden.
Verwendete Quellen (ausführliches Verzeichnis):
Ausführlich siehe die beigefügte PDf-Datei.
Ausführlich siehe die beigefügte PDf-Datei.
Mehr
Anmerkungen:
Ausführlich zu den Datentabellen siehe die beigefügte PDf-Datei.
Die Krise, in ihrer gängigen Bedeutung eines ökonomisch wie sozial destruktiven Ereignisses, war für Spiethoff nicht prozeßnotwendig, wenngleich typisch für den Wechsel vom Aufschwung in den Abschwung. Er sah sie ausgelöst durch "Kreditüberspannung" und "Überspekulation", bei schon vorherrschender "Übererzeugung". Würde es gelingen, die Spekulation zu dämpfen und das Kreditvolumen ohne auffällige Zusammenbrüche zurückzuschrauben, so könnte wohl eine plötzliche, also krisenhafte Umkehr der Bewegungsrichtung der Wirtschaft u. U. vermieden werden, nicht jedoch die Umkehr selbst, da sie den zwangsläufigen Abbau der Übererzeugung einleite. Ausgehend davon werden alle übrigen Zyklusphasen als Folgeprozesse erklärt: Abschwung, Stockung, Wiederanstieg, Aufschwung, Hochschwung und erneut die Krise. In den Symptomen des Geld- und Gütermarktes ausgedrückt, baut sich im Aufschwung bei den mittelbaren Verbrauchsgütern ein Warenüberangebot im Verhältnis zur verfügbaren Kaufkraft, dem anlagebereiten "Erwerbskapital" auf, in der Stockung dagegen füllen sich die Geldkonten mangels risikoarmer, rentierlicher Investitionsangebote und das "Erzeugungskapital" (Produktivfaktoren) bleibt unausgenutzt. In beiden Fällen zeigt sich eine Mengendivergenz zwischen Investieren und Sparen.
Es ist dieser zeitliche Wandel wirtschaftlicher Größen, definiert in Relationen zueinander, der als zyklischer Verlauf empfunden wird. Soll er als solcher, d. h. als ein sich im Systemzusammenhang selbst reproduzierender Vorgang wissenschaftlich erklärt werden, bedarf es des Nachweises strukturinhärenter, also aus dem Kreislauf selbst erzeugter, zu Abweichungen führender Faktoren ebenso wie der Ableitung prozessendogener Anpassungsmechanismen im Zusammenspiel der ökonomischen Kräfte. An diesem Anspruch gemessen, bleibt Spiethoffs Konjunkturerklärung verallgemeinernd gesprochen doch "nur" eine Krisentheorie, da sie zwar den oberen Wendepunkt, also das determinierte Ende jedes Aufschwungs durch Aufzeigen eines auf ihn zuführenden, aus dem Wirtschaftsablauf resultierenden Vorgangs, der Übererzeugung, erklärt und in der Kreditverknappung auch den prozessendogenen Auslösemechanismus benennen kann, zur Darstellung des Umschwungs aus der Stockung in einen neuen Anstieg jedoch auf einen willkürlich gewählten exogenen Auslöser, den kapitalistischen Unternehmer, zurückgreifen muss.
Im Mittelpunkt des Modells steht die Übererzeugung, ein Ausdruck der Disproportionalität ("Verhältnislosigkeit") zwischen dem Produktionspotential an mittelbaren Verbrauchsgütern und der gesellschaftlichen Verwertung ihrer Dienste, der Nachfrage nach Ertragsgütern (Anlageinvestitionen), also eine mengenmäßige Fehlentwicklung im warenwirtschaftlichen Bereich. Als materielle Ursache wird ein nach Güterarten unterschiedlich wirkender, unkalkulierbarer Faktor, der technische Fortschritt, angegeben, der, umgesetzt in neu installierten, produktionsreifen Ertragsgütern, die Erzeugungsfähigkeit an mittelbaren Verbrauchsgütern sprunghaft und überproportional zum Wachstum der gesamten Wirtschaft steigen lässt.
Nicht, dass die Gesellschaft die Überschussgüter nicht benötigen würde, aber dem Zuviel auf der einen Seite entspricht hier zugleich ein Zuwenig an komplementären Gütern auf der anderen, ohne die erstere nicht weiterverwendbar sind. Den Grund dafür deutete Spiethoff in dem Umstand, dass im Hochschwung für die Produktion der "Ergänzungsgüter" die Ressourcen fehlten, da das dafür benötigte Produktivkapitel in der Übererzeugung gebunden sei und weiter darin, dass die Überschussgüter die zu ihrer Nutzung erforderlichen Mangelgüter nicht im direkten Tausch nachfragen könnten, was andernfalls über die unmittelbare Anpassung der quantitativen Tauschrelationen eine Umlenkung der Produktionsfaktoren in die Mehrproduktion der Mangelgüter auslösen würde. Statt dessen seien beide, Überschuss- wie Ergänzungsgüter, auf die Tauschvermittlung des Geldes angewiesen, das jedoch die von den Überschussgütern ausgehende Nachfrage nach Ergänzungsgütern nicht korrekt kommuniziere, so dass der Mangel an diesen nicht bewusst werde und erstere unabsetzbar blieben. Die Selbstregulierung des Marktes werde so durch das Dazwischentreten des Geldes unterbunden.
Zunächst, im Anfangsstadium der Fehlentwicklung, werde zwar "das wahre Verhältnis zwischen Bedarf und Erzeugungsfähigkeit (...) [noch] verwischt", was der Kreditexpansion, dem "... unentbehrliche[nl Hilfsmittel des Aufschwungs", zuzuschreiben sei, aber nach einiger Zeit würde die Übererzeugung doch offenkundig werden, und zwar wenn die Kreditexpansion aufhöre. Denn diese hänge von entsprechenden "Geldkapitalbeständen" (Sparkapital) ab und "... findet bei aller Dehnungsmöglichkeit endlich [auch] eine Grenze in dem Mangel daran." Wegen des Fehlens kaufkräftiger Nachfrage würden dann die übererzeugten Güter im Preis sinken, ohne dass eine kompensatorische Preissteigerung bei den knappen Gütern ein ausgleichendes Gegengewicht aufbauen und den Negativimpuls auffangen könnte. Spiethoff beschrieb das so: "Der Ausbruch der Übererzeugung hat die volkswirtschaftliche Entwicklungsrichtung umgewendet. Kapitalanlage und mittelbarer Verbrauch gehen zurück, die Preise fallen, viele Erzeugungsanlagen werden dadurch wettbewerbsunfähig und arbeiten ohne Gewinn oder mit Verlust und gehen unter Umständen zugrunde. Sinkender Kapitalertrag, Kapitalverluste, Lohnverkürzungen und Arbeitslosigkeit drücken auf den Verbrauch." Dieser Vorgang nähre sich selbst, denn: "... aus der gegenseitigen Einwirkung entwickelt sich ein Kreislauf von Stockungserscheinungen“. Der Preisrückgang bei den mittelbaren Verbrauchsgütern sowie die Freisetzung der zu ihrer Produktion nicht mehr benötigten Produktionsfaktoren setzten einen kumulativen Prozess in Gang, in dessen Verlauf eine zunächst nur partiell auftretende Disparität in der Produktion einer bestimmten Gütergruppe im Verhältnis zum übrigen Güterbündel in die totale Disproportionalität zwischen Investieren und Sparen mit allgemeinem Preisrückgang und verbreiteter, nicht nur auf den Sektor der mittelbaren Verbrauchsgüter beschränkten Unterbeschäftigung überginge.
Im gleichen Vorgang erkannte Spiethoff aber auch Vorteile. So würden in der Krise Produktionskapazitäten zur Erzeugung Jener Komplementärgüter frei, die vorher zur Fortsetzung des Aufschwungs gefehlt hätten, der allgemeine Preisrutsch trüge über Kostensenkungen zur Verbesserung der Ertragslage der Produzenten bei und Sachkapitalanlagen rentierten wieder höher als Finanzpapiere, so dass den "kühnen Unternehmern", die die jenseits des Risikos liegenden Chancen neuer Produkte und Techniken erkennen und nutzen würden, Differentialgewinne infolge ihres zeitlichen Wettbewerbsvorsprungs winkten: "So wird durch das allen sichtbare Gelingen das Vertrauen und die Unternehmungslust [wieder] angespornt" und, so darf man ergänzen, die Stockung überwunden.
Der Aufschwung aus der Stockung beginne mit der Wiederbelebung der Neuinvestitionen in Ertragsgütern, "... hat [also] Ausgangspunkt und Grundlage in einer vermehrten Kapitalanlage, durch die mittelbare Verbrauchsgüter gekauft werden." Die Nachfrage nach ihnen lasse die Preise steigen und rege zur Mehrproduktion an. Sei der Aufschwung aber erst in Gang gekommen, trage er sich durch Produktions- und Kreditexpansion selbst. Zur Auslösung des Umschwungs erfülle die Sachlage, das Vorhandensein ungenutzter Ressourcen, allerdings nur eine Vorbedingung. Ausschlaggebend sei die seelische Disposition der Menschen im Kapitalismus zu wirtschaftlichem Optimismus und Wagemut, ihre Bereitschaft zur Expansion in sachlich wie räumlich neue Märkte, nur unterstützt durch produktive Ressourcen, die im Zuge der zyklischen Umschichtungen freigesetzt oder durch Neuschöpfung und Migration für den kapitalistischen Wirtschaftsprozess verfügbar würden. In Spiethoffs Worten: "Die letzte Ursache der Aufschwungsbewegung ist etwas Seelisches und nichts Wirtschaftliches"; zwar setze "jeder Anfang und ebenso jede Ausweitung der kapitalistischen Gütererzeugung (...) bereite und müßige Sachgüter oder Arbeitskräfte voraus"26, jedoch seien diese "Stockungskräfte" für die Entstehung des Aufschwungs allein nicht entscheidend. Damit machte Spiethoff den kapitalistischen Erfindungs- und Eroberungsgeist Sombart'scher Prägung zum konjunkturellen deus ex machine, dessen Erscheinen er zwar als wahrscheinlich, aber eben nicht als verbindlich darstellen konnte. Es fehlt folglich der unteren Trendwende des Kriteriums der Zwangsläufigkeit, was in seinem Zykluskonzept eine logische Lücke lässt.
Letzte Ursache der "wirtschaftlichen Wechsellagen", noch vor dem Wirken des technischen Fortschritts, ist demzufolge das unternehmerische Erwerbsstreben. Es löst nach jedem Tief den Wiederaufschwung aus und verhilft dem technischen Fortschritt zum Durchbruch, trägt in sich aber auch den Keim immer wieder neuer Krisen. Denn gepaart mit der aus neuen technischen Verfahren resultierenden, erweiterten Produktionskraft der Wirtschaft, muss sich infolge der alles durchdringenden Euphorie des Erfolges, die jede unternehmerische Selbstbeschränkung verhindert, und ohne ein rechtzeitiges Gegensteuern durch ein effizientes Preissystem in jedem Aufschwung immer wieder eine Übererzeugung der mittelbaren Verbrauchsgüter einstellen, die wiederum nur durch eine Krise korrigiert werden kann.
Im Kern der Spiethoff'schen Theorie handelt es sich bei den wirtschaftlichen Wechsellegen also um eine permanente Reproduktionskrise der kapitalistischen Wirtschaft, die zwischen latenten und akuten Phasen alterniert. Der Wechsel der Wirtschaftslagen wird zur Voraussetzung und zum Argument eines dialektisch erklärten gesellschaftlichen Fortschritts, der sich zwar im zyklischen Aufschwung manifestiert, aber der Stockung bedarf, um sich von überholten Methoden zu befreien, die seiner ökonomischen und sozialen Durchsetzung in technischen, organisatorischen und gesellschaftlichen neuer Ideen und Verfahren einzugehen, nur in einer solchen Situation würden die allgemeinen Kosten- und Einkommensverhältnisse Pionierleistungen auf der Produktionsseite ermöglichen und honorieren und so der Expansion in einen neuen Aufschwung den nötigen Gewinnschub geben: "Der Druck der Stockung ist es, der zum Aufsuchen neuer Märkte treibt, der auf Verbilligung der Erzeugungskosten und auf Förderung des technischen Fortschrittes drängt." Wirtschaftliches Wachstum sei deshalb in einem steten Wandlungsprozess begründet, der sich durch die Wechsellagen vollziehe.
(Zitierte Stellen aus: Spiethoff, A.; Krisen; in: „Handwörterbuch der Staatswissenschaften“, hrsg. v. Ludwig Elster, Adolf Weber, Friedrich Wieser, vierte Auflage, Jena 1925, S. 72-81).
Bemerkungen zu den Begriffen „Konjunktur“ und Konjunktur- bzw. Wachstumszyklen“
(Zitat aus: Schips, B., 2002: Konjunkturtheorie und empirische Konjunkturanalyse. HWWA Discussion Paper No. 177. Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv. Hamburg).
1. Einleitende Bemerkungen zu den Begriffen "Konjunktur" und "Konjunktur- bzw. Wachstumszyklen"
Ganz bewusst wurde bisher nur von Fluktuationen in der zeitlichen Entwicklung ökonomischer Größen gesprochen. Gemeint sind damit vor allem sich im Zeitablauf verändernde Zuwachsraten von wirtschaftsstatistischen Konstrukten, die als Indikatoren für den Verlauf wirtschaftlicher Aktivitäten betrachtet werden können. Eine Verwendung der Begriffe "Konjunktur- bzw. Wachstumszyklen" schließt in aller Regel, wenn es auch meist nicht explizit erwähnt wird, bereits bestimmte Zyklusvorstellungen und die zugehörigen Messkonzepte mit ein. Die jeweiligen Zyklusvorstellungen bestimmen aber entscheidend mit über den ökonomisch-theoretischen Erklärungsansatz und damit nicht zuletzt auch über die in einer empirischen Analyse einzuschlagenden Arbeitsschritte.
Der Begriff "Konjunktur" ist schon relativ alt und steht im Allgemeinen für ein Phänomen, das sich aus der Beobachtung von verschiedenen Indikatoren ergibt, von denen angenommen wird, dass diese den zeitlichen Verlauf wirtschaftlicher Aktivitäten ausreichend beschreiben2. Konjunktur wird also überwiegend als ein erst durch die Beobachtung von verschiedenen Indikatoren zu erschließendes, d.h. genau besehen als ein "latentes" Phänomen verstanden. Um sich nicht auf eine "bloße" Beschreibung der wesentlichen Charakteristika dieses Phänomens beschränken zu müssen, muss daher versucht werden, den Begriff "Konjunktur" durch eine Definition anhand von geeigneten Messkonzepten fassbarer zu machen3.
Aus der zu beobachtenden Volatilität einzelwirtschaftlich relevanter Größen - wie z.B. Preise, Löhne, Zinsen, Auftragseingänge, Umsätze usw. - resultieren erfahrungsgemäß auch mehr oder weniger regelmäßige Fluktuationen in den gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten. Als Referenzgrößen für die zu analysierende gesamtwirtschaftliche Entwicklung kommen vor allem bestimmte Aggregate, wie z.B. das Bruttoinlandprodukt (BIP), oder spezifische, von solchen Aggregaten abgeleitete Kennziffern, wie etwa die Auslastung des Produktionspotentials einer Volkswirtschaft (Output gap), in Betracht. Das heisst aber nicht, dass das Phänomen "Konjunktur" auf den zeitlichen Verlauf einer einzelnen gesamtwirtschaftlichen Variablen beschränkt bleibt, wie es vielleicht durch die Hervorhebung einer solchen Referenzgröße suggeriert werden mag. Der Begriff "Konjunktur" steht immer für ein Phänomen, das sich aus dem Zusammenspiel einer Vielzahl einzelwirtschaftlicher Aktivitäten ergibt.
Die zu beobachtenden Fluktuationen einer für die Analyse des Phänomens "Konjunktur" gewählten Referenzgröße sind - salopp gesprochen - durch ein "Auf' und "Ab" gekennzeichnet. Die Zeitspanne zwischen dem Beginn eines - wie auch immer definierten - "Auf' und dem Ende eines unmittelbar nachfolgenden "Ab" wird als Zyklus bezeichnet. Alle kommt, dass die Saisonbereinigung eines Aggregates, wie etwa des BIP, das sich aus Komponenten mit ganz unterschiedlichen Saisonmustern - beispielsweise dem privaten Konsum und den Bauinvestitionen - zusammensetzt, besondere statistisch-methodische Schwierigkeiten bereitet, insbesondere, wenn sich der Anteil dieser Komponenten am als Referenzgröße dienenden Aggregat von Jahr zu Jahr erheblich ändert.
Klassische Konjunkturzyklen und die zugehörigen Konjunkturphasen lassen sich allerdings auch durch ein entsprechend ausgebautes System mit mehreren Indikatoren und mit Hilfe von sogenannten Diffusionsindizes bestimmen. Ein Diffusionsindex erfasst das Verhältnis zwischen der Anzahl der expandierenden und der Anzahl der schrumpfenden Aktivitäten. Das National Bureau of Economic Research (NBER) hat im Wesentlichen die für einen derartigen Ansatz notwendigen Pionierarbeiten geleistet5. Das NBER und die dieser Methodik folgenden Institutionen (z.B. Conference Board, Economic Cycle Research Institute usw.) halten in Anbetracht der Komplexität des zu erfassenden Konjunkturphänomens und unabhängig vom zugrunde liegenden Zykluskonzept die Verwendung einer einzelnen Referenzgröße zur Bestimmung einer Konjunkturphase grundsätzlich für nicht ausreichend. Nur bei einer Berücksichtigung einer Vielzahl von Zeitreihen glaubt man, dem Phänomen "Konjunktur" wirklich gerecht werden zu können 6. Einem "NBER Business cycle dating committee" obliegt daher in den USA auch die Aufgabe einer Datierung der Wendepunkte und damit der verschiedenen Konjunkturphasen. Für die Zwecke einer raschen Diagnose der aktuellen konjunkturellen Lage ist aber eine Beschränkung auf gewisse Heuristiken zur Beurteilung der Entwicklung des zugrunde gelegten Diffusionsindexes unvermeidlich.
1.2 Wachstumszyklen (Growth cycles) und deren Wendepunkte
In längeren Zeiträumen mit einem stark trendbehafteten Wachstum treten praktisch keine der für klassische Konjunkturzyklen charakteristischen Phasen mit negativen Zuwachsraten mehr auf. Mit dem Wachstumszyklenkonzept wird auch bei einem trendmäßig ansteigenden Verlauf der wirtschaftlichen Aktivitäten eine Definition von Boom- und Rezessionsphasen möglich 7 . Klassische Konjunkturzyklen orientieren sich überwiegend an den Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung bzw. der Produktion, Wachstumszyklen (Growth cycles) dagegen in erster Linie an den Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotentials einer Volkswirtschaft. "Boomphasen" entsprechen dabei Perioden mit einer hohen und "Rezessionsphasen" Perioden mit einer tiefen Auslastung der Produktionskapazitäten. Die Wachstumszyklen werden damit durch die Abweichungen von einem mit der sogenannten "Normalauslastung" korrespondierenden Wachstumspfad bestimmt. Die mit einem derartigen Zykluskonzept verbundene spezifische Problematik liegt daher in der Ermittlung dieser "Normalauslastung".
Eine solche "Normalauslastung" kann grundsätzlich entweder durch die Bestimmung eines "Trends" in der Zeitreihe der gesamtwirtschaftlichen Produktion bzw. des BIP, einer Schätzung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotentials und dessen Auslastung oder auch durch einen Diffusionsindex ermittelt werden. Diese methodisch unterschiedlichen Möglichkeiten zur Bestimmung einer "Normalauslastung" machen den wesentlichen Nachteil des Wachstumszyklenkonzepts ganz deutlich. Eine Messung und Analyse des Phänomens "Konjunktur" ist vom Entscheid bezüglich des jeweils zur Anwendung kommenden statistisch-methodischen Vorgehens abhängig.
Trotz dieser Bedenken werden Wachstumszyklen in der neueren ökonomischen Theorie als das am ehesten mit der allgemeinen Vorstellung vom Konjunkturphänomen im Einklang stehende Messkonzept verstanden und als sich mehr oder weniger regelmäßig wiederholende Schwankungen der Abweichungen von einem "trendmäßigen" Wachstum aufgefasst. Der unterstellte "Wachstumstrend" korrespondiert dabei mit der in der sogenannten neuen klassischen Makroökonomie verbreiteten und für diese Modelle zentralen Vorstellung eines exogen - bzw. in einigen Modellansätzen zumindest teilweise auch endogen - bestimmten Gleichgewichtswachstumspfades.
Da in der Regel das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten im Zeitablauf ansteigt, signalisiert das Wachstumszyklenkonzept die das Konjunkturphänomen charakterisierenden Schwankungen meist auch besser als die klassischen Zyklusvorstellungen. Der obere Wendepunkt in einem Wachstumszyklus wird durch den Zeitpunkt mit einer maximalen positiven, der untere Wendepunkt durch den Zeitpunkt mit einer maximalen negativen Trendabweichung bestimmt. Eine "Boomphase" ist eine Zeitperiode mit zunehmenden und eine "Rezessionsphase" ein Zeitraum mit abnehmenden Abweichungen vom durch den "Trend" bestimmten Wachstumspfad. Die Wendepunkte eines klassischen Konjunkturzyklus stimmen nur dann mit den Wendepunkten nach dem Wachstumszyklenkonzept überein, wenn die als Referenzgröße verwendete Zeitreihe keinen "Trend" aufweist.
Erfahrungsgemäß dauern die Boomphasen eines klassischen Konjunkturzyklus etwas länger als die zugehörigen Rezessionsphasen. Der obere Wendepunkt eines Wachstumszyklus liegt damit häufig vor dem oberen Wendepunkt des entsprechenden klassischen Konjunkturzyklus. Die Abschwungsphasen beginnen nach dem Wachstumszyklenkonzept früher und die Aufschwungphasen später, da der untere Wendepunkt in einem Wachstumszyklus dem unteren Wendepunkt nach der klassischen Zyklusvorstellung oft zeitlich nachläuft. Die Boomphasen in einem Wachstumszyklus sind daher in der Regel kürzer und die Rezessionsphasen länger als in einem entsprechenden klassischen Konjunkturzyklus.
Anstelle dieser letztlich auf das Ausmaß der Abweichungen von einem "Trend" zurückgehenden Bestimmung der Wendepunkte in einem Wachstumszyklus können auch die Extremwerte der Zuwachsraten der Referenzgröße selbst zur Unterscheidung der Konjunkturphasen herangezogen werden. Eine Ermittlung der Konjunkturphasen mit Hilfe der Extrema der Zuwachsraten entspricht der Vorstellung, dass sich das Konjunkturphänomen vor allem in einer Beschleunigung bzw. Verlangsamung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums äußert. "Rezessionsphasen" sind dabei Perioden mit rückläufigen und "Boomphasen" Zeitabschnitte mit zunehmenden Zuwachsraten.
Wenn also von Zyklen, Wendepunkten und Konjunkturphasen gesprochen wird, sollte unbedingt die jeweils zugrunde liegende Zyklusvorstellung genannt und u. U. auch auf alternative Konzepte hingewiesen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn über den Beginn oder das Ende einer in der Politik und in einer breiten Öffentlichkeit im Mittelpunkt des Interesses stehenden Konjunkturphase, wie beispielsweise über eine "Rezessionsphase", zu diskutieren begonnen wird.
1.4 Anmerkungen zum Gebrauch der Begriffe "Business cycle" und "Growth cycle"
Leider werden im allgemeinen Sprachgebrauch - auch unter Ökonomen - die verschiedenen Zyklenkonzepte nicht sorgfältig genug unterschieden. Es wird von "Business cycles" gesprochen, auch wenn es um die Erklärung der Abweichungen von einem Wachstumstrend geht. Konjunkturphasen werden in der Regel ganz pragmatisch definiert. So wird z.B. eine Rezession angenommen, wenn die Wachstumsrate des BIP in mindestens zwei aufeinander folgenden Quartalen negativ ist, was einer Rezessionsphase im Rahmen eines klassischen Zykluskonzeptes entspricht. Dieser Sprachregelung schließen sich nicht gerade selten auch Ökonomen an, die ansonsten in ihren theoretischen Überlegungen von einem Wachstumszyklus ausgehen und deren wirtschaftspolitischen Empfehlungen sich auf die Ergebnisse entsprechender Modelle abstützen“.
Ausführlich zu den Datentabellen siehe die beigefügte PDf-Datei.
Die Krise, in ihrer gängigen Bedeutung eines ökonomisch wie sozial destruktiven Ereignisses, war für Spiethoff nicht prozeßnotwendig, wenngleich typisch für den Wechsel vom Aufschwung in den Abschwung. Er sah sie ausgelöst durch "Kreditüberspannung" und "Überspekulation", bei schon vorherrschender "Übererzeugung". Würde es gelingen, die Spekulation zu dämpfen und das Kreditvolumen ohne auffällige Zusammenbrüche zurückzuschrauben, so könnte wohl eine plötzliche, also krisenhafte Umkehr der Bewegungsrichtung der Wirtschaft u. U. vermieden werden, nicht jedoch die Umkehr selbst, da sie den zwangsläufigen Abbau der Übererzeugung einleite. Ausgehend davon werden alle übrigen Zyklusphasen als Folgeprozesse erklärt: Abschwung, Stockung, Wiederanstieg, Aufschwung, Hochschwung und erneut die Krise. In den Symptomen des Geld- und Gütermarktes ausgedrückt, baut sich im Aufschwung bei den mittelbaren Verbrauchsgütern ein Warenüberangebot im Verhältnis zur verfügbaren Kaufkraft, dem anlagebereiten "Erwerbskapital" auf, in der Stockung dagegen füllen sich die Geldkonten mangels risikoarmer, rentierlicher Investitionsangebote und das "Erzeugungskapital" (Produktivfaktoren) bleibt unausgenutzt. In beiden Fällen zeigt sich eine Mengendivergenz zwischen Investieren und Sparen.
Es ist dieser zeitliche Wandel wirtschaftlicher Größen, definiert in Relationen zueinander, der als zyklischer Verlauf empfunden wird. Soll er als solcher, d. h. als ein sich im Systemzusammenhang selbst reproduzierender Vorgang wissenschaftlich erklärt werden, bedarf es des Nachweises strukturinhärenter, also aus dem Kreislauf selbst erzeugter, zu Abweichungen führender Faktoren ebenso wie der Ableitung prozessendogener Anpassungsmechanismen im Zusammenspiel der ökonomischen Kräfte. An diesem Anspruch gemessen, bleibt Spiethoffs Konjunkturerklärung verallgemeinernd gesprochen doch "nur" eine Krisentheorie, da sie zwar den oberen Wendepunkt, also das determinierte Ende jedes Aufschwungs durch Aufzeigen eines auf ihn zuführenden, aus dem Wirtschaftsablauf resultierenden Vorgangs, der Übererzeugung, erklärt und in der Kreditverknappung auch den prozessendogenen Auslösemechanismus benennen kann, zur Darstellung des Umschwungs aus der Stockung in einen neuen Anstieg jedoch auf einen willkürlich gewählten exogenen Auslöser, den kapitalistischen Unternehmer, zurückgreifen muss.
Im Mittelpunkt des Modells steht die Übererzeugung, ein Ausdruck der Disproportionalität ("Verhältnislosigkeit") zwischen dem Produktionspotential an mittelbaren Verbrauchsgütern und der gesellschaftlichen Verwertung ihrer Dienste, der Nachfrage nach Ertragsgütern (Anlageinvestitionen), also eine mengenmäßige Fehlentwicklung im warenwirtschaftlichen Bereich. Als materielle Ursache wird ein nach Güterarten unterschiedlich wirkender, unkalkulierbarer Faktor, der technische Fortschritt, angegeben, der, umgesetzt in neu installierten, produktionsreifen Ertragsgütern, die Erzeugungsfähigkeit an mittelbaren Verbrauchsgütern sprunghaft und überproportional zum Wachstum der gesamten Wirtschaft steigen lässt.
Nicht, dass die Gesellschaft die Überschussgüter nicht benötigen würde, aber dem Zuviel auf der einen Seite entspricht hier zugleich ein Zuwenig an komplementären Gütern auf der anderen, ohne die erstere nicht weiterverwendbar sind. Den Grund dafür deutete Spiethoff in dem Umstand, dass im Hochschwung für die Produktion der "Ergänzungsgüter" die Ressourcen fehlten, da das dafür benötigte Produktivkapitel in der Übererzeugung gebunden sei und weiter darin, dass die Überschussgüter die zu ihrer Nutzung erforderlichen Mangelgüter nicht im direkten Tausch nachfragen könnten, was andernfalls über die unmittelbare Anpassung der quantitativen Tauschrelationen eine Umlenkung der Produktionsfaktoren in die Mehrproduktion der Mangelgüter auslösen würde. Statt dessen seien beide, Überschuss- wie Ergänzungsgüter, auf die Tauschvermittlung des Geldes angewiesen, das jedoch die von den Überschussgütern ausgehende Nachfrage nach Ergänzungsgütern nicht korrekt kommuniziere, so dass der Mangel an diesen nicht bewusst werde und erstere unabsetzbar blieben. Die Selbstregulierung des Marktes werde so durch das Dazwischentreten des Geldes unterbunden.
Zunächst, im Anfangsstadium der Fehlentwicklung, werde zwar "das wahre Verhältnis zwischen Bedarf und Erzeugungsfähigkeit (...) [noch] verwischt", was der Kreditexpansion, dem "... unentbehrliche[nl Hilfsmittel des Aufschwungs", zuzuschreiben sei, aber nach einiger Zeit würde die Übererzeugung doch offenkundig werden, und zwar wenn die Kreditexpansion aufhöre. Denn diese hänge von entsprechenden "Geldkapitalbeständen" (Sparkapital) ab und "... findet bei aller Dehnungsmöglichkeit endlich [auch] eine Grenze in dem Mangel daran." Wegen des Fehlens kaufkräftiger Nachfrage würden dann die übererzeugten Güter im Preis sinken, ohne dass eine kompensatorische Preissteigerung bei den knappen Gütern ein ausgleichendes Gegengewicht aufbauen und den Negativimpuls auffangen könnte. Spiethoff beschrieb das so: "Der Ausbruch der Übererzeugung hat die volkswirtschaftliche Entwicklungsrichtung umgewendet. Kapitalanlage und mittelbarer Verbrauch gehen zurück, die Preise fallen, viele Erzeugungsanlagen werden dadurch wettbewerbsunfähig und arbeiten ohne Gewinn oder mit Verlust und gehen unter Umständen zugrunde. Sinkender Kapitalertrag, Kapitalverluste, Lohnverkürzungen und Arbeitslosigkeit drücken auf den Verbrauch." Dieser Vorgang nähre sich selbst, denn: "... aus der gegenseitigen Einwirkung entwickelt sich ein Kreislauf von Stockungserscheinungen“. Der Preisrückgang bei den mittelbaren Verbrauchsgütern sowie die Freisetzung der zu ihrer Produktion nicht mehr benötigten Produktionsfaktoren setzten einen kumulativen Prozess in Gang, in dessen Verlauf eine zunächst nur partiell auftretende Disparität in der Produktion einer bestimmten Gütergruppe im Verhältnis zum übrigen Güterbündel in die totale Disproportionalität zwischen Investieren und Sparen mit allgemeinem Preisrückgang und verbreiteter, nicht nur auf den Sektor der mittelbaren Verbrauchsgüter beschränkten Unterbeschäftigung überginge.
Im gleichen Vorgang erkannte Spiethoff aber auch Vorteile. So würden in der Krise Produktionskapazitäten zur Erzeugung Jener Komplementärgüter frei, die vorher zur Fortsetzung des Aufschwungs gefehlt hätten, der allgemeine Preisrutsch trüge über Kostensenkungen zur Verbesserung der Ertragslage der Produzenten bei und Sachkapitalanlagen rentierten wieder höher als Finanzpapiere, so dass den "kühnen Unternehmern", die die jenseits des Risikos liegenden Chancen neuer Produkte und Techniken erkennen und nutzen würden, Differentialgewinne infolge ihres zeitlichen Wettbewerbsvorsprungs winkten: "So wird durch das allen sichtbare Gelingen das Vertrauen und die Unternehmungslust [wieder] angespornt" und, so darf man ergänzen, die Stockung überwunden.
Der Aufschwung aus der Stockung beginne mit der Wiederbelebung der Neuinvestitionen in Ertragsgütern, "... hat [also] Ausgangspunkt und Grundlage in einer vermehrten Kapitalanlage, durch die mittelbare Verbrauchsgüter gekauft werden." Die Nachfrage nach ihnen lasse die Preise steigen und rege zur Mehrproduktion an. Sei der Aufschwung aber erst in Gang gekommen, trage er sich durch Produktions- und Kreditexpansion selbst. Zur Auslösung des Umschwungs erfülle die Sachlage, das Vorhandensein ungenutzter Ressourcen, allerdings nur eine Vorbedingung. Ausschlaggebend sei die seelische Disposition der Menschen im Kapitalismus zu wirtschaftlichem Optimismus und Wagemut, ihre Bereitschaft zur Expansion in sachlich wie räumlich neue Märkte, nur unterstützt durch produktive Ressourcen, die im Zuge der zyklischen Umschichtungen freigesetzt oder durch Neuschöpfung und Migration für den kapitalistischen Wirtschaftsprozess verfügbar würden. In Spiethoffs Worten: "Die letzte Ursache der Aufschwungsbewegung ist etwas Seelisches und nichts Wirtschaftliches"; zwar setze "jeder Anfang und ebenso jede Ausweitung der kapitalistischen Gütererzeugung (...) bereite und müßige Sachgüter oder Arbeitskräfte voraus"26, jedoch seien diese "Stockungskräfte" für die Entstehung des Aufschwungs allein nicht entscheidend. Damit machte Spiethoff den kapitalistischen Erfindungs- und Eroberungsgeist Sombart'scher Prägung zum konjunkturellen deus ex machine, dessen Erscheinen er zwar als wahrscheinlich, aber eben nicht als verbindlich darstellen konnte. Es fehlt folglich der unteren Trendwende des Kriteriums der Zwangsläufigkeit, was in seinem Zykluskonzept eine logische Lücke lässt.
Letzte Ursache der "wirtschaftlichen Wechsellagen", noch vor dem Wirken des technischen Fortschritts, ist demzufolge das unternehmerische Erwerbsstreben. Es löst nach jedem Tief den Wiederaufschwung aus und verhilft dem technischen Fortschritt zum Durchbruch, trägt in sich aber auch den Keim immer wieder neuer Krisen. Denn gepaart mit der aus neuen technischen Verfahren resultierenden, erweiterten Produktionskraft der Wirtschaft, muss sich infolge der alles durchdringenden Euphorie des Erfolges, die jede unternehmerische Selbstbeschränkung verhindert, und ohne ein rechtzeitiges Gegensteuern durch ein effizientes Preissystem in jedem Aufschwung immer wieder eine Übererzeugung der mittelbaren Verbrauchsgüter einstellen, die wiederum nur durch eine Krise korrigiert werden kann.
Im Kern der Spiethoff'schen Theorie handelt es sich bei den wirtschaftlichen Wechsellegen also um eine permanente Reproduktionskrise der kapitalistischen Wirtschaft, die zwischen latenten und akuten Phasen alterniert. Der Wechsel der Wirtschaftslagen wird zur Voraussetzung und zum Argument eines dialektisch erklärten gesellschaftlichen Fortschritts, der sich zwar im zyklischen Aufschwung manifestiert, aber der Stockung bedarf, um sich von überholten Methoden zu befreien, die seiner ökonomischen und sozialen Durchsetzung in technischen, organisatorischen und gesellschaftlichen neuer Ideen und Verfahren einzugehen, nur in einer solchen Situation würden die allgemeinen Kosten- und Einkommensverhältnisse Pionierleistungen auf der Produktionsseite ermöglichen und honorieren und so der Expansion in einen neuen Aufschwung den nötigen Gewinnschub geben: "Der Druck der Stockung ist es, der zum Aufsuchen neuer Märkte treibt, der auf Verbilligung der Erzeugungskosten und auf Förderung des technischen Fortschrittes drängt." Wirtschaftliches Wachstum sei deshalb in einem steten Wandlungsprozess begründet, der sich durch die Wechsellagen vollziehe.
(Zitierte Stellen aus: Spiethoff, A.; Krisen; in: „Handwörterbuch der Staatswissenschaften“, hrsg. v. Ludwig Elster, Adolf Weber, Friedrich Wieser, vierte Auflage, Jena 1925, S. 72-81).
Bemerkungen zu den Begriffen „Konjunktur“ und Konjunktur- bzw. Wachstumszyklen“
(Zitat aus: Schips, B., 2002: Konjunkturtheorie und empirische Konjunkturanalyse. HWWA Discussion Paper No. 177. Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv. Hamburg).
1. Einleitende Bemerkungen zu den Begriffen "Konjunktur" und "Konjunktur- bzw. Wachstumszyklen"
Ganz bewusst wurde bisher nur von Fluktuationen in der zeitlichen Entwicklung ökonomischer Größen gesprochen. Gemeint sind damit vor allem sich im Zeitablauf verändernde Zuwachsraten von wirtschaftsstatistischen Konstrukten, die als Indikatoren für den Verlauf wirtschaftlicher Aktivitäten betrachtet werden können. Eine Verwendung der Begriffe "Konjunktur- bzw. Wachstumszyklen" schließt in aller Regel, wenn es auch meist nicht explizit erwähnt wird, bereits bestimmte Zyklusvorstellungen und die zugehörigen Messkonzepte mit ein. Die jeweiligen Zyklusvorstellungen bestimmen aber entscheidend mit über den ökonomisch-theoretischen Erklärungsansatz und damit nicht zuletzt auch über die in einer empirischen Analyse einzuschlagenden Arbeitsschritte.
Der Begriff "Konjunktur" ist schon relativ alt und steht im Allgemeinen für ein Phänomen, das sich aus der Beobachtung von verschiedenen Indikatoren ergibt, von denen angenommen wird, dass diese den zeitlichen Verlauf wirtschaftlicher Aktivitäten ausreichend beschreiben2. Konjunktur wird also überwiegend als ein erst durch die Beobachtung von verschiedenen Indikatoren zu erschließendes, d.h. genau besehen als ein "latentes" Phänomen verstanden. Um sich nicht auf eine "bloße" Beschreibung der wesentlichen Charakteristika dieses Phänomens beschränken zu müssen, muss daher versucht werden, den Begriff "Konjunktur" durch eine Definition anhand von geeigneten Messkonzepten fassbarer zu machen3.
Aus der zu beobachtenden Volatilität einzelwirtschaftlich relevanter Größen - wie z.B. Preise, Löhne, Zinsen, Auftragseingänge, Umsätze usw. - resultieren erfahrungsgemäß auch mehr oder weniger regelmäßige Fluktuationen in den gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten. Als Referenzgrößen für die zu analysierende gesamtwirtschaftliche Entwicklung kommen vor allem bestimmte Aggregate, wie z.B. das Bruttoinlandprodukt (BIP), oder spezifische, von solchen Aggregaten abgeleitete Kennziffern, wie etwa die Auslastung des Produktionspotentials einer Volkswirtschaft (Output gap), in Betracht. Das heisst aber nicht, dass das Phänomen "Konjunktur" auf den zeitlichen Verlauf einer einzelnen gesamtwirtschaftlichen Variablen beschränkt bleibt, wie es vielleicht durch die Hervorhebung einer solchen Referenzgröße suggeriert werden mag. Der Begriff "Konjunktur" steht immer für ein Phänomen, das sich aus dem Zusammenspiel einer Vielzahl einzelwirtschaftlicher Aktivitäten ergibt.
Die zu beobachtenden Fluktuationen einer für die Analyse des Phänomens "Konjunktur" gewählten Referenzgröße sind - salopp gesprochen - durch ein "Auf' und "Ab" gekennzeichnet. Die Zeitspanne zwischen dem Beginn eines - wie auch immer definierten - "Auf' und dem Ende eines unmittelbar nachfolgenden "Ab" wird als Zyklus bezeichnet. Alle kommt, dass die Saisonbereinigung eines Aggregates, wie etwa des BIP, das sich aus Komponenten mit ganz unterschiedlichen Saisonmustern - beispielsweise dem privaten Konsum und den Bauinvestitionen - zusammensetzt, besondere statistisch-methodische Schwierigkeiten bereitet, insbesondere, wenn sich der Anteil dieser Komponenten am als Referenzgröße dienenden Aggregat von Jahr zu Jahr erheblich ändert.
Klassische Konjunkturzyklen und die zugehörigen Konjunkturphasen lassen sich allerdings auch durch ein entsprechend ausgebautes System mit mehreren Indikatoren und mit Hilfe von sogenannten Diffusionsindizes bestimmen. Ein Diffusionsindex erfasst das Verhältnis zwischen der Anzahl der expandierenden und der Anzahl der schrumpfenden Aktivitäten. Das National Bureau of Economic Research (NBER) hat im Wesentlichen die für einen derartigen Ansatz notwendigen Pionierarbeiten geleistet5. Das NBER und die dieser Methodik folgenden Institutionen (z.B. Conference Board, Economic Cycle Research Institute usw.) halten in Anbetracht der Komplexität des zu erfassenden Konjunkturphänomens und unabhängig vom zugrunde liegenden Zykluskonzept die Verwendung einer einzelnen Referenzgröße zur Bestimmung einer Konjunkturphase grundsätzlich für nicht ausreichend. Nur bei einer Berücksichtigung einer Vielzahl von Zeitreihen glaubt man, dem Phänomen "Konjunktur" wirklich gerecht werden zu können 6. Einem "NBER Business cycle dating committee" obliegt daher in den USA auch die Aufgabe einer Datierung der Wendepunkte und damit der verschiedenen Konjunkturphasen. Für die Zwecke einer raschen Diagnose der aktuellen konjunkturellen Lage ist aber eine Beschränkung auf gewisse Heuristiken zur Beurteilung der Entwicklung des zugrunde gelegten Diffusionsindexes unvermeidlich.
1.2 Wachstumszyklen (Growth cycles) und deren Wendepunkte
In längeren Zeiträumen mit einem stark trendbehafteten Wachstum treten praktisch keine der für klassische Konjunkturzyklen charakteristischen Phasen mit negativen Zuwachsraten mehr auf. Mit dem Wachstumszyklenkonzept wird auch bei einem trendmäßig ansteigenden Verlauf der wirtschaftlichen Aktivitäten eine Definition von Boom- und Rezessionsphasen möglich 7 . Klassische Konjunkturzyklen orientieren sich überwiegend an den Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung bzw. der Produktion, Wachstumszyklen (Growth cycles) dagegen in erster Linie an den Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotentials einer Volkswirtschaft. "Boomphasen" entsprechen dabei Perioden mit einer hohen und "Rezessionsphasen" Perioden mit einer tiefen Auslastung der Produktionskapazitäten. Die Wachstumszyklen werden damit durch die Abweichungen von einem mit der sogenannten "Normalauslastung" korrespondierenden Wachstumspfad bestimmt. Die mit einem derartigen Zykluskonzept verbundene spezifische Problematik liegt daher in der Ermittlung dieser "Normalauslastung".
Eine solche "Normalauslastung" kann grundsätzlich entweder durch die Bestimmung eines "Trends" in der Zeitreihe der gesamtwirtschaftlichen Produktion bzw. des BIP, einer Schätzung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotentials und dessen Auslastung oder auch durch einen Diffusionsindex ermittelt werden. Diese methodisch unterschiedlichen Möglichkeiten zur Bestimmung einer "Normalauslastung" machen den wesentlichen Nachteil des Wachstumszyklenkonzepts ganz deutlich. Eine Messung und Analyse des Phänomens "Konjunktur" ist vom Entscheid bezüglich des jeweils zur Anwendung kommenden statistisch-methodischen Vorgehens abhängig.
Trotz dieser Bedenken werden Wachstumszyklen in der neueren ökonomischen Theorie als das am ehesten mit der allgemeinen Vorstellung vom Konjunkturphänomen im Einklang stehende Messkonzept verstanden und als sich mehr oder weniger regelmäßig wiederholende Schwankungen der Abweichungen von einem "trendmäßigen" Wachstum aufgefasst. Der unterstellte "Wachstumstrend" korrespondiert dabei mit der in der sogenannten neuen klassischen Makroökonomie verbreiteten und für diese Modelle zentralen Vorstellung eines exogen - bzw. in einigen Modellansätzen zumindest teilweise auch endogen - bestimmten Gleichgewichtswachstumspfades.
Da in der Regel das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten im Zeitablauf ansteigt, signalisiert das Wachstumszyklenkonzept die das Konjunkturphänomen charakterisierenden Schwankungen meist auch besser als die klassischen Zyklusvorstellungen. Der obere Wendepunkt in einem Wachstumszyklus wird durch den Zeitpunkt mit einer maximalen positiven, der untere Wendepunkt durch den Zeitpunkt mit einer maximalen negativen Trendabweichung bestimmt. Eine "Boomphase" ist eine Zeitperiode mit zunehmenden und eine "Rezessionsphase" ein Zeitraum mit abnehmenden Abweichungen vom durch den "Trend" bestimmten Wachstumspfad. Die Wendepunkte eines klassischen Konjunkturzyklus stimmen nur dann mit den Wendepunkten nach dem Wachstumszyklenkonzept überein, wenn die als Referenzgröße verwendete Zeitreihe keinen "Trend" aufweist.
Erfahrungsgemäß dauern die Boomphasen eines klassischen Konjunkturzyklus etwas länger als die zugehörigen Rezessionsphasen. Der obere Wendepunkt eines Wachstumszyklus liegt damit häufig vor dem oberen Wendepunkt des entsprechenden klassischen Konjunkturzyklus. Die Abschwungsphasen beginnen nach dem Wachstumszyklenkonzept früher und die Aufschwungphasen später, da der untere Wendepunkt in einem Wachstumszyklus dem unteren Wendepunkt nach der klassischen Zyklusvorstellung oft zeitlich nachläuft. Die Boomphasen in einem Wachstumszyklus sind daher in der Regel kürzer und die Rezessionsphasen länger als in einem entsprechenden klassischen Konjunkturzyklus.
Anstelle dieser letztlich auf das Ausmaß der Abweichungen von einem "Trend" zurückgehenden Bestimmung der Wendepunkte in einem Wachstumszyklus können auch die Extremwerte der Zuwachsraten der Referenzgröße selbst zur Unterscheidung der Konjunkturphasen herangezogen werden. Eine Ermittlung der Konjunkturphasen mit Hilfe der Extrema der Zuwachsraten entspricht der Vorstellung, dass sich das Konjunkturphänomen vor allem in einer Beschleunigung bzw. Verlangsamung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums äußert. "Rezessionsphasen" sind dabei Perioden mit rückläufigen und "Boomphasen" Zeitabschnitte mit zunehmenden Zuwachsraten.
Wenn also von Zyklen, Wendepunkten und Konjunkturphasen gesprochen wird, sollte unbedingt die jeweils zugrunde liegende Zyklusvorstellung genannt und u. U. auch auf alternative Konzepte hingewiesen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn über den Beginn oder das Ende einer in der Politik und in einer breiten Öffentlichkeit im Mittelpunkt des Interesses stehenden Konjunkturphase, wie beispielsweise über eine "Rezessionsphase", zu diskutieren begonnen wird.
1.4 Anmerkungen zum Gebrauch der Begriffe "Business cycle" und "Growth cycle"
Leider werden im allgemeinen Sprachgebrauch - auch unter Ökonomen - die verschiedenen Zyklenkonzepte nicht sorgfältig genug unterschieden. Es wird von "Business cycles" gesprochen, auch wenn es um die Erklärung der Abweichungen von einem Wachstumstrend geht. Konjunkturphasen werden in der Regel ganz pragmatisch definiert. So wird z.B. eine Rezession angenommen, wenn die Wachstumsrate des BIP in mindestens zwei aufeinander folgenden Quartalen negativ ist, was einer Rezessionsphase im Rahmen eines klassischen Zykluskonzeptes entspricht. Dieser Sprachregelung schließen sich nicht gerade selten auch Ökonomen an, die ansonsten in ihren theoretischen Überlegungen von einem Wachstumszyklus ausgehen und deren wirtschaftspolitischen Empfehlungen sich auf die Ergebnisse entsprechender Modelle abstützen“.
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Sachliche Untergliederung der Datentabellen:
A. Kapital- und Geldmarkt
A.0 Leitmerkmale der deutschen wirtschaftlichen Wechsellagen (1837-1937)
A.1 Gründing Deutscher Aktiengesellschaften (1871-1937)
A.2 Wertpapierausgabe in Deutschland - Kurswert in Millionen Mark (1883-1938)
A.3 Ausweise von 24 Deutschen Notenbanken in Mark deutscher Währung (1847-1875)
A.4 Hoch- und Tiefstände der deutschen Notenbank-Ausweise in Millionen Mark (1847-1875)
A.5 Hoch- und Tiefstände der deutschen Notenbank-Ausweise in Millionen Mark (1847-1937)
A.6 Hoch- und Tiefstände der Ausweise der Bank von England in Millionen Pfund Sterling (1800-1937)
A.7 Hoch- und Tiefständer der Ausweise der Bank von Frankreich in Millionen Francs (1800-1937)
A.8 Bilanzausweise deutscher Kreditbanken am Jahresschuss in Millionen Mark (1883-1936)
A.9 Hoch- und Tiefstand des Kurses der Staatsanleihen in England, Frankreich und Deutschland (1800-1937)
A.10 Jährlicher Hoch- und Tiefstand der Bank und Börsen-Wechselzinssätze in England, Frankreich und Deutschland (1800-1936)
B. Güterverbrauch
B.1 Verbrauch von Rohstoffen der Ertragsgüter in Deutschland (1837-1937)
B.2 Ein- und Ausfuhr von Rohstoffen der Ertragsgüter und das Verhältnis von deren Verbrauch und Erzeugung in Deutschland (1837-1937)
B.3 Verbrauch von Nahrungsmittel erster Bedürfnisklasse in Deutschland (1837-1937)
B.4 Verbrauch von Nahrungsmitteln zweiter Bedürfnisklasse und Aufwandsnahrungsmitteln in Deutschland (1837-1937)
B.5 Verbrauch von Reiz- und Genussmitteln in Deutschland (1837-1937)
B.6 Verbrauch von Faserstoffwaren in Deutschland (1837-1935)
B.7 Ein- und Ausfuhr von Faserstoffen/Faserstoffwaren u. das Verhältnis von deren Verbrauch u. Erzeugung (1837-1935)
C. Gütererzeugung
C.1 Erzeugung von technischen Erzeugungsmitteln in Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika (1837-1937)
C.2 Erzeugung von Nahrungsmitteln erster und zweiter Bedürfnisklasse in Deutschland, England, Vereinigte Staaten von Amerika (1837-1937)
C.3 Erzeugung von Nahrungsmitteln erster und zweiter Bedürfnisklasse in Frankreich in Millionen Tonnen (1815-1937)
C.4 Erzeugung von Genussmitteln in Deutschland (1861-1937)
C.5 Erzeugung von Schafwolle, Spinn- und Webwaren aus Wolle, Baumwolle und Seide in Deutschland (1837-1935)
D. Deutsche Preise 1847 bis 1939
D.1 Preise der Rohstoffe der Ertragsgüter in Deutschland (1847-1913)
D.2 Preise der Rohstoffe, die in Gebrauchsgüter verschiedener Art oder zum Teil in Ertragsgüter übergehen (1847-1913)
D.3 Preise der Nahrungsmittel erster Bedürfnisklasse (1847-1913)
D.4 Preise der Güter des elementaren Gebrauchs (1847-1913)
D.5 Preise der Nahrungsmittel zweiter Bedürfnisklasse (1847-1913)
D.6 Preise der Güter des feineren Gebrauchs in Deutschland (1847-1913)
D.7 Preise der Aufwand-Esswaren (1847-1913)
D.8 Preise der Reiz- und Genussmittel in Deutschland (1847-1913)
D.9 Preise der Güter des Aufwandgebrauches (1847-1913)
D.10 Preise der landwirtschaftlichen Futter- und Düngemittel (1847-1913)
D.11 Zusammenhang der deutschen Preistafeln 1 bis 10 (1847-1913)
E. Deutscher Preisindex 1889 bis 1939 (Gehlhoff-Index)
E.1 Basistabelle: Gehlhoff Index Deutsche Preise (1889-1939)
E.2 Ergebnistabelle: Gehlhoff Index Deutsche Preise (1889-1939)
A. Kapital- und Geldmarkt
A.0 Leitmerkmale der deutschen wirtschaftlichen Wechsellagen (1837-1937)
A.1 Gründing Deutscher Aktiengesellschaften (1871-1937)
A.2 Wertpapierausgabe in Deutschland - Kurswert in Millionen Mark (1883-1938)
A.3 Ausweise von 24 Deutschen Notenbanken in Mark deutscher Währung (1847-1875)
A.4 Hoch- und Tiefstände der deutschen Notenbank-Ausweise in Millionen Mark (1847-1875)
A.5 Hoch- und Tiefstände der deutschen Notenbank-Ausweise in Millionen Mark (1847-1937)
A.6 Hoch- und Tiefstände der Ausweise der Bank von England in Millionen Pfund Sterling (1800-1937)
A.7 Hoch- und Tiefständer der Ausweise der Bank von Frankreich in Millionen Francs (1800-1937)
A.8 Bilanzausweise deutscher Kreditbanken am Jahresschuss in Millionen Mark (1883-1936)
A.9 Hoch- und Tiefstand des Kurses der Staatsanleihen in England, Frankreich und Deutschland (1800-1937)
A.10 Jährlicher Hoch- und Tiefstand der Bank und Börsen-Wechselzinssätze in England, Frankreich und Deutschland (1800-1936)
B. Güterverbrauch
B.1 Verbrauch von Rohstoffen der Ertragsgüter in Deutschland (1837-1937)
B.2 Ein- und Ausfuhr von Rohstoffen der Ertragsgüter und das Verhältnis von deren Verbrauch und Erzeugung in Deutschland (1837-1937)
B.3 Verbrauch von Nahrungsmittel erster Bedürfnisklasse in Deutschland (1837-1937)
B.4 Verbrauch von Nahrungsmitteln zweiter Bedürfnisklasse und Aufwandsnahrungsmitteln in Deutschland (1837-1937)
B.5 Verbrauch von Reiz- und Genussmitteln in Deutschland (1837-1937)
B.6 Verbrauch von Faserstoffwaren in Deutschland (1837-1935)
B.7 Ein- und Ausfuhr von Faserstoffen/Faserstoffwaren u. das Verhältnis von deren Verbrauch u. Erzeugung (1837-1935)
C. Gütererzeugung
C.1 Erzeugung von technischen Erzeugungsmitteln in Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika (1837-1937)
C.2 Erzeugung von Nahrungsmitteln erster und zweiter Bedürfnisklasse in Deutschland, England, Vereinigte Staaten von Amerika (1837-1937)
C.3 Erzeugung von Nahrungsmitteln erster und zweiter Bedürfnisklasse in Frankreich in Millionen Tonnen (1815-1937)
C.4 Erzeugung von Genussmitteln in Deutschland (1861-1937)
C.5 Erzeugung von Schafwolle, Spinn- und Webwaren aus Wolle, Baumwolle und Seide in Deutschland (1837-1935)
D. Deutsche Preise 1847 bis 1939
D.1 Preise der Rohstoffe der Ertragsgüter in Deutschland (1847-1913)
D.2 Preise der Rohstoffe, die in Gebrauchsgüter verschiedener Art oder zum Teil in Ertragsgüter übergehen (1847-1913)
D.3 Preise der Nahrungsmittel erster Bedürfnisklasse (1847-1913)
D.4 Preise der Güter des elementaren Gebrauchs (1847-1913)
D.5 Preise der Nahrungsmittel zweiter Bedürfnisklasse (1847-1913)
D.6 Preise der Güter des feineren Gebrauchs in Deutschland (1847-1913)
D.7 Preise der Aufwand-Esswaren (1847-1913)
D.8 Preise der Reiz- und Genussmittel in Deutschland (1847-1913)
D.9 Preise der Güter des Aufwandgebrauches (1847-1913)
D.10 Preise der landwirtschaftlichen Futter- und Düngemittel (1847-1913)
D.11 Zusammenhang der deutschen Preistafeln 1 bis 10 (1847-1913)
E. Deutscher Preisindex 1889 bis 1939 (Gehlhoff-Index)
E.1 Basistabelle: Gehlhoff Index Deutsche Preise (1889-1939)
E.2 Ergebnistabelle: Gehlhoff Index Deutsche Preise (1889-1939)
Bearbeitungshinweise
Datum der Archivierung: März 2006
Jahr der Online-Publikation: 1955
Bearbeiter in GESIS: Alexander Todorov/Jürgen Sensch
Version:Version 1.0.0
Zugangsklasse: A
Jahr der Online-Publikation: 1955
Bearbeiter in GESIS: Alexander Todorov/Jürgen Sensch
Version:Version 1.0.0
Zugangsklasse: A
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