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Studienbeschreibung:
Einer modernen Preisgeschichte werden gewöhnlich zwei Aufgaben zugewiesen: „Einmal handelt es sich darum, die Struktur der Preise zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Gebiet zu beschreiben und damit zur Erkenntnis der wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen beizutragen. Zum anderen wird mit Hilfe langer Preisreihen der Verlauf des Wirtschaftslebens, Schwankung und Wachstum analysiert“ (Jacobs, A.: Artikel Preis (I), Preisgeschichte, in: HDSW, Bd. 8, Stuttgart/Tübingen/Göttingen 1964, S. 459). Wenn man berücksichtigt, welche Rolle Getreide als Grundnahrungsmittel, als Handelsgut und als Energielieferant bei dem Landtransport und in der Landwirtschaft spielte, dann ist die Bedeutung von Getreidepreisuntersuchungen für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte offenkundig.
„Die Analyse langer Datenreihen, vor allem von Preisreihen aus dem Bereich der Lebensmittelpreise, steht im Mittelpunkt der drei wichtigsten neueren Konzeptionen von Wirtschaftsgeschichte, der „histoire sériell“ Pierre Chaunu’s, der „histoire quantitative“ von Jean Marczewski und der New Economic History der amerikanischen Cliometriker. Sie haben der Preisgeschichte den notwendigen theoretischen Rahmen geschaffen, in dem sie sinnvoll eingesetzt werden kann, haben sie gelöst von der stark positivistischen Konzeption des 1929 gegründeten „Internationalen Wissenschaftlichen Komitees für die Geschichte der Preise“, die zunächst auf Datensammlung abzielte.
In Deutschland fand das große, gleichwohl unvollständig gebliebene Sammelwerk von Moritz J. Elsas keinen Nachfolger; in der wirtschaftstheoretischen und wirtschaftsgeschichtlichen Analyse dieser Daten haben Wilhelm Abel und sein Schülerkreis Bleibendes geleistet. Trotzdem bleibt ein erheblicher Vorsprung vor allem der französischen Forschung zu konstatieren. Will man ihn aufholen, so muss in erster Linie die Datenbasis erweitert und das schon gesammelte Material besser zugänglich gemacht werden. Die von Franz Irsigler und seinem Schüler Dietrich Ebeling bearbeiteten Kölner Reihen sind in besonderem Maße geeignet, den Anschluss an die neuere französische Forschung herzustellen; denn es handelt sich um Preisreihen vom Typ der „Mercuriales“, d.h. um amtliche wöchentliche Preisnotierungen von Lebensmittel, in erster Linien von Getreidepreisen auf dem städtischen Markt, die man bislang als französische Besonderheit ansah …
Getreidepreise, Umsatzmengen und Brotpreise bieten einen direkten Zugang zum menschlichen Alltag in vergangenen Zeiten. Brot deckte bis zum frühen 19. Jahrhundert, bis sich die Kartoffel als Volksnahrungsmittel durchsetzte, mindestens 50% des Nahrungsmittelbedarf. Die Schwankungen der Getreide- und damit der Brotpreise bestimmten bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus den Lebensrhythmus der ärmeren Bevölkerungsschichten. Preisgeschichte wird damit notwendig zur Sozialgeschichte.“ (Stehkämper, Hugo: Vorwort, in: Ebeling, Dietrich/Irsigler, Franz: Getreideumsatz, Getreide- und Brotpreise in Köln 1368 – 1797. Erster Teil: Getreideumsatz und Getreidepreise: Wochen-, Monats- und Jahrestabelle. Köln/Wien: Böhlau, 1976, S. VII-VIII).
Ziel der Studie war die Erfassung, Bearbeitung und Edition langer Reihen von Agrarpreisen (Preise für Roggen, Weizen, Gerste und Hafer). Die Bearbeitung erfolgte für alle Reihen in gleicher Form; publiziert wurden aggregierte Wochen-, Monats- und Jahresreihen. Die Kölner Getreidepreisreihen übertreffen – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – die bisher veröffentlichten französischen Reihen in Bezug auf Länge wie Dichte. Sie leisten mehr, weil sie in Köln ergänzt werden durch fast ebenso lange und vollständige Reihen von Getreideumsatzzahlen, die in bisher kaum gekannter Weise Analysen von Marktmechanismen und Preispolitik ermöglichen. Die gerade für Köln zwischen 1531 und 1797 ungewöhnlich dichten Reihen (Wochenpreise bzw. Wochenmengen) wurden so quellennah wie möglich aufbereitet, um alle Analysemöglichkeiten ausschöpfen zu können. Für die Zeit von 1771 – 1797 ist sogar eine Marktanalyse nach Käufern und Verkäufern möglich. Auf eine Umrechnung in Silber- oder Goldäquivalente wurde verzichtet, da es damals noch nicht möglich war, eine genügend dichte und zuverlässige Tabelle zur Umrechnung der Rechengeldeinheiten zu entwickeln. Ebeling und Irsigler mussten sich mit einer vorläufigen Umrechnungshilfe begnügen, die inzwischen durch die Forschungen von Rainer Metz überholt ist (vgl. Metz, R.: Geld, Währung und Preisentwicklung. Der Niederrheinraum im europäischen Vergleich: 1350-1800. Frankfurt/Main: Fritz Knapp Verlag 1990).
Die im Rahmen dieser Studie vorliegenden Daten beruhen zum Teil auf sehr verstreuten Angaben in dem reichen Bestand der Kölner Stadtrechnungen. Um die Versorgung der Bevölkerung mit gutem und preiswertem Brot sicherzustellen, betrieb der Kölner Rat nicht nur eine überlegte Vorrats-, sondern auch eine straffe, flexible Preispolitik, die auf einer genauen Marktbeobachtung beruhte. Spätestens seit 1407 wurden die wöchentlichen Marktpreise für die Brotgetreidesorten von städtischen Beamten, den Kornmüddern, regelmäßig erfasst. Sie dienten dem Rat zur Bestimmung des Brotgewichtes, bzw. Brotpreises im so genannten Brotbescheid für das Backamt. Für die Zeit ab 1444 kann aus den städtischen Mühlenbüchern und anderen Quellen bereits eine lückenlose Preisreihe für den je zur Hälfte aus Weizen und Roggen bestehenden Malter Brotgetreide erstellt werden, welche die lang- und kurzfristige Entwicklung bereits genau ablesen lässt. Fast alle Preisangaben der Rechnungsbücher sind in Rechnungsgeld erfolgt, in Mark kölnisch (= 12 Schilling oder 6 Albus; 1 Schilling = 12 Pfennige; 1 Albus = 12 Heller) oder Rechungsgulden (= 4 Mark oder 24 Albus). Die Umrechnung in jeweils gültige Währung oder in Silberwert, d. h. die Deflationierung, bereitet einige Schwierigkeiten. Dabei ist zu Berücksichtigen, dass die Bewertung des Silbers selbst wieder schwankte, vor allem nach 1460.
Zur Auswertung der Kölner Preis- und Umsatzreihen:
(Ebeling, Dietrich/Irsigler, Franz, Getreideumsatz, Getreide- und Brotpreise in Köln 1368 – 1797. Erster Teil: Getreideumsatz und Getreidepreise: Wochen-, Monats- und Jahrestabelle, Köln/Wien: Böhlau, 1976, S. XLVff).
„Der Stellenwert der Kölner Preis- und Umsatzreihen im Rahmen modernerer wirtschaftsgeschichtlicher Forschung ist sehr hoch. Ihre besondere Ergiebigkeit, ihr entscheidender Vorteil gegenüber allen bis jetzt bekannten vergleichbaren Serien ergibt sich aus der Verbindung von Preis- und Umsatzdaten. Die Umsatzmengen liefern die bisher genauesten Indices für die Ernteerträge des niederrheinischen Raumes und geben damit endlich ein Mittel in die Hand, die Bildung und Bewegung von Getreidepreisen über lange Zeiträume hinweg zu verfolgen …
Für die kurzfristige Analyse, die Bestimmung von Zyklen mittlerer Länge, die man in der Wirtschaftsgeschichte des Industriezeitalters Juglarzyklen nennt, haben wir hier ein sehr feines Instrument, und es lässt sich wohl auch für die Beobachtung von langen Wellen benutzen, zumindest was das 16. und das 18. Jahrhundert betrifft; mit Einschränkungen ist auch die 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts noch einzubeziehen. Kurzfristige Störungen des örtlichen und regionalen Getreidehandels durch Krieg und Sperrung des Rheins wie z. B. 1586/87 oder eine schwere Pest wie 1540/41 lassen sich meist ohne große Mühe feststellen und dann in mittel- oder langfristigen Trendanalysen entsprechend berücksichtigen.
Die Kölner Umsatzkurve bestätigt den sinkenden Trend der Produktion im 16. Jahrhundert, wobei wir trotz der von ca. 1600 an nicht mehr sehr zuverlässigen Mengennotierungen eine erhebliche Beschleunigung des Trends ab etwa 1580 ablesen möchten. In der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts scheint die Entwicklung zu stagnieren; hier verdecken die starken mittelfristigen Schwankungen die langfristige Bewegung. …
Insgesamt lassen sich vier lange Wellen feststellen: Die erste von 1510/11 bis 1620, mit einer ungewöhnlich langen und gleichmäßigen Hausse-Phase bis 1595 – hierbei ist die kriegsbedingte Spitze von 1586 weniger stark gewertet. – Die zweite von 1620 bis 1668, die dritte von 1668/69 bis 1736 und die vierte dann bis 1785/89, wobei die Baisse-Phase ganz offensichtlich durch die politischen Ereignisse abgebrochen wird. Nimmt man die aus den Quellen beigebrachten Brotgetreidepreise aus dem 15. Jahrhundert dazu, so lässt sich eine weitere lange Welle von 1464/66 bis 1510 sehr deutlich ausmachen. Mit Ausnahme der überlangen Welle von 1510/1620 passen alle in das Schema der 30- 50- Jahres-Zyklen. Ferner kann man zeigen, dass die langen Wellen in gewisser Weise von der Zahl und der Dauer der Juglarzyklen abhängen. … die Juglarzyklen der Hausse-Phase sind durchweg kürzer als die der Baisse. Das würde darauf hindeuten, dass die langfristige Preisentwicklung wie die mittelfristige einfach vom Wetter abhängt und sich Klimaschwankungen als die großen Triebkräfte in der „longue durée“ erweisen. Michel Morineau hat diesen Mechanismus […] noch sehr stark herausgestellt und dazu bemerkt, „la simplicité du mécanisme“ werde vielleicht schockierend wirken, nachdem sich so viele Forscher intensiv um Erklärungsmodelle bemüht hätten, die alle langfristigen Preisentwicklungen auf Bevölkerungsbewegungen oder Veränderungen im monetären Bereich zurückführten.
Das Problem ist tatsächlich nicht so einfach zu lösen. Wir haben schon festgestellt, dass langfristig eine hohe Negativkorrelation zwischen Agrarproduktion und Preis besteht. Sinkende Produktion bei gleich bleibender Bevölkerungszahl oder steigende Bevölkerung bei gleich bleibender Produktion verknappen das Getreideangebot und müssen preissteigernd wirken. Die Vermehrung der Geldmenge durch den Zustrom lateinamerikanischen Silbers und Goldes spielt sicher auch eine Rolle, aber da die Preisrevolution des 16. Jahrhunderts schon 1510 oder 1524/25 einsetzt, ein massiver Zustrom von Edelmetall aber erst nach 1555 erfolgt, wird die große Theorie Hamiltons neuerdings mit Recht stark in Frage gestellt. Überhaupt ist der Einfluss von Veränderungen im monetären Bereich, wie wir oben gezeigt haben, außerordentlich schwer abzuschätzen oder gar rechnerisch zu bestimmen.
Morineau’s einfacher Mechanismus basiert auf der Annahme der direkten Abhängigkeit der Getreidepreise vom Ernteergebnis. Auf den ersten Blick scheinen die Kölner Reihen dies zu bestätigen; bei näherem Zusehen stellen sich bemerkenswert viele Abweichungen heraus. Einige kann man direkt erklären, z. B. den Preisrückgang von 1540/41 trotz fehlender Umsätze als Folge der Pest, die vorübergehend, wegen der Massenflucht der Bevölkerung aus der Stadt, die Nachfrage stark abfallen ließ. Doch die im „Normalfall“ zu erwartende Gegenläufigkeit der Bewegung von Umsatz- und Preiskurve findet man in fast der Hälfte aller Fälle nicht, sondern ein mehr oder weniger deutliche Parallelbewegung. Was bedeutet es aber, wenn Preise mit zunehmenden Umsätzen steigen und mit sinkenden Verkaufsmengen fallen? Eine überzeugende Antwort lässt sich auf der Basis der Jahreswerte nicht mehr finden; man muss die saisonale Entwicklung mit in die Untersuchung einbeziehen. Dafür aber liefern die […] Varianzberechnungen der Monatstabelle, die uns die monatliche Verteilung der Umsätze und das Schwanken der Monatspreise um das Jahresmittel angeben, sehr brauchbare Unterlagen …
In der Verteilung des jährlichen Angebots zeichnet sich von ca. 1629/30 an ein grundlegender Wandel ab. Im 16. Jahrhundert wird der Großteil der Ernte in den Erntemonaten selbst und während der winterlichen Druschzeit dem Markt zugeführt. Die Entwicklung der Preise verläuft – besonders in den Jahrzehnten von 1530 – 1580, also der Haussephase des 16. Jahrhunderts – fast parallel zur Umsatzentwicklung, ausgenommen die letzten drei oder vier Monate des Erntejahres, also von April/Mai bis Juni/Juli. Es herrscht also zur Erntezeit eine extreme Nachfrage, die den Preis trotz des steigenden Angebots hochtreibt; teilweise scheinen aus der Erfahrung der schnell aufeinander folgenden Krisen auch massenpsychologische Faktoren das Kaufverhalten zu bestimmen. Eine Marktsättigung dürfte jeweils erst im Januar erreicht worden sein; denn nun fallen mit den Mengen auch die Preise. Zum Sommer hin schlägt dann das knappe Angebot vor der neuen Ernte in der erwarteten Weise auf die Preise durch. Hauptkennzeichen dieser Phase ist also Übernachfrage mit kurzen Entspannungszeiten. Um 1600 beginnt eine Übergangsphase mit zwei Angebotshöhepunkten im Herbst und im Frühsommer; Die Preisentwicklung ist uneinheitlich, insgesamt nimmt die Negativkorrelation aber zu. Seit 1670 ist das Bild der Umsatzverteilung eindeutig geprägt vom Absinken des Angebotes zur Ernte- und Druschzeit und dem Ansteigen im Frühsommer und Sommer, also direkt vor der neuen Ernte. Und auch dieser Anstieg ist fast regelmäßig von steigenden Preisen begleitet.
Zweifellos haben wir es hier mit Anzeichen für tiefe Strukturveränderungen zu tun, deren Analyse zu den vordringlichen Aufgaben in unserem Forschungsprojekt gehören wird. Es bieten sich mehrere Erklärungshypothesen an, die aber erst verifiziert werden können, wenn zusätzliche Informationen über die am Getreidemarkt partizipierenden Gruppen zur Verfügung stehen. Sicher wird es keine monokausale Erklärung geben, und wahrscheinlich wird man am Niederrhein vom ausgehenden 17. Jahrhundert an nicht mehr uneingeschränkt von Subsistenzwirtschaft sprechen können.“
In die Datenbank HISTAT übernommene Datentabellen:
Kölner Getreidepreise und Getreideumsätze, Jahresdaten (1531-1797)
Silberwert des Albus und Goldwert des Rechnungsgulden (1386-1777)
Mittlere Getreidepreislage im 16., 17., 18. und 20. Jahrhundert (1563-1975)
Kölner Getreidepreise je Malter Weizen/Roggen (1368-1511)
Kölner Getreidepreise je Malter Weizen/Roggen (1512-1530)
Kölner Getreidepreise Weizen/Roggen (1531-1657)
Kölner Getreidepreise und Brotpreise bzw. Brotgewichte (1658-1773)
Kölner Getreidepreise (1774-1797)
Im ZHSF-Datenarchiv stehen folgende detaillierte Preis- und Mengendaten zur Verfügung:
Kölner Getreidepreise und Getreideumsätze, Wochendaten von 1531 bis 1797 (als SPSS- oder Excel-Datei); Bestellung dieser Daten unter der ZA - Studiennummer 8014.
Bezugsadresse: hinterberg@za.uni-koeln.de.
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Verwendete Quellen (ausführliches Verzeichnis):
Typ A: Fruchtpreisbücher
a) Rechnungsbuch 230a
Papier, 255 Bl. (neuere Bleistiftfoliierung 1-255), ca. 30,5 x 11 cm. Neuer Leineneinband.
Die Eintragungen beginnen 1531 Juli und enden 1570 Juli 9. Bl. 1a: „Kauf fbuchlein ab anno 1532 usque 1569"; Bl. 255a: „Vide post hac novum librum."
b) Rechnungsbuch 231
Papier, 208 Bl. (alte Foliierung 1-189 (= fol. 1-105), neuere Bleistiftfoliierung 1-208 mit Fehlern: Bl. 39 bis 48 übersprungen, kein Textverlust;
Bl. 197 bis 204 falsch eingebunden zwischen Bl. 147 und 148, kein Textverlust; Bl. 181 bis
184 falsch eingebunden zwischen Bl. 192 und 193, kein Textverlust), ca. 32,5 x 10,5 cm.
Neuer Leineneinband.
Die Eintragungen beginnen 1570 Juli 16 und enden 1614 März 30. Bl. 2: „Hermannus Veltman Gerichtzschreiber." - Bl. 2076: „Vide continuationem et pretium f rumentorum in nouo subsequenti libro."
Eine erste Auswertung und graphische Umsetzung dieses Fruchtpreisbuches erfolgte durch F. Irsigler, Getreidepreise (wie Anm. 2), S. 598-610.
c)Rechnungsbuch 232
Papier, 213 Bl. (neuere Bleistiftfoliierung 1-213), ca. 31 x 10,5 cm; alter Pergamenteinband mit einer Messingschließe.
Die Eintragungen beginnen 1614 März 30 und enden (auf Bl. 206) 1674 August 12. Bl. 1: „Johannes Veltman Notarius et Scriba iuratus."
Das Rechnungsbuch 232a, das den bisher vorgestellten in vieler Hinsicht ähnelt, gehört nicht zur Kölner Überlieferung, sondern ist auswärtiger Herkunft; wahrscheinlich stammt es aus Düren. Bl. 1, jüngere Handschrift: „Kornbuch von A° 1627, waß allerhandt f rruchten damahlig gegulden und Anno 1627, 1629." 68 BI., nur teilweise beschrieben, Format ca. 30 x 10 cm, moderner Leineneinband. Das Buch enthält nur Getreidepreise, häufig für Mittwoch und Sonntag, zahlreiche Spelzpreise und vielfach für eine Getreidesorte mehrere Preise. Im Durchschnitt liegen die Preise 1-2 Gulden über den Kölner Durchschnittspreisen. Erfaßt sind jeweils wöchentlich die Zeiträume:
1627 Januar 2 - 1627 Dezember 29, 1629 Januar 3 - 1631 Dezember 31, 1633 Januar 8 - 1634 Dezember 30, 1636 Juli 5 - 1636 Dezember 24.
Typ B: Bäckerbescheidbücher
a) Rechnungsbuch 239
Papier, 477 Seiten (neuere Bleistiftfoliierung 1-477), ca. 33 x 20 cm. Halbledereinband, Anfang 20. Jahrhundert.
Die Eintragungen beginnen 1658 Januar 13 und enden 1680 April 7.
b) Rechnungsbuch 241
Papier, 549 Seiten (alte Tintenfoliierung 1-549), ca. 32 x 20,5 cm. Halbledereinband, Anfang 20. Jahrhundert.
Die Eintragungen beginnen 1680 Januar 14 und enden 1709 August 11.
c) Rechnungsbuch 240
Papier, 182 Bl. (neuere Bleistiftfoliierung 1-182), ca. 39 x 25 cm. Halbledereinband, Anfang 20. Jahrhundert.
Bl. 2b-7b: Eintragungen verschiedenen Charakters, vermutlich des Kornkassenschreibers von 1660; auf der b-Seite jeweils „debit", auf der a-Seite ,credit", betr. Wein- und Weizenkäufe u. dgl.; Bl. 8a-12b: Eingeheftet oder eingetragen mehrere Briefe und Urkunden der Jahre 1718-1731, ohne Bezug zum Inhalt des Hauptteils; Bl. 13-182: Bäckerbescheidbuch: Die Eintragungen beginnen 1709 August 18 und enden 1731 Dezember 30.
d) Rechnungsbuch 242
Papier, 639 Bl. (neuere Bleistiftfoliierung 1-639), ca. 33 x 21 cm. Halbledereinband, Anfang 20. Jahrhundert.
Die Eintragungen beginnen 1732 Januar 6 und enden 1773 Juli 25.
Typ C: Preise- und Umsatzverzeichnis
Rechnungsbuch 253
Papier, 282 Bl. (neuere Bleistiftfoliierung 1-282), ca. 33 x 20,5 cm. Neuer Leineneinband.
Die Eintragungen beginnen 1773 September 19 und enden 1797 Juli 2. Für die Zeit von 1787 Januar 28 bis 1790 Juli 25 sind keine Eintragungen gemacht worden.
Der Abdruck einer Auswahl von Daten, und zwar der Herbstpreise für Weizen und Roggen 1531-1797, der per Hand summierten (!) Getreideumsätze 1531-1658 und der Oktober/November-Brotgewichte 1658-1773 erfolgte durch F. Irsigler in: Zwei Jahrtausende Kölner Wirtschaft, hg. v. H. Kellenbenz, Bd. I, Köln 1975, S. 519 ff.
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Anmerkungen:
Der vorliegende Text hält sich im Wesentlichen, von kleineren Anpassungen an die Datenbanknutzer abgesehen, an die Einleitung aus Ebeling, Dietrich und Irsigler, Franz: Getreideumsatz, Getreide- und Brotpreise in Köln 1368 – 1797. Erster Teil: Getreideumsatz und Getreidepreise: Wochen-, Monats- und Jahrestabelle, Köln/Wien: Böhlau, 1976, S. XI – XLIII. Kürzungen sind an jenen Stellen vorgenommen worden, die nicht unmittelbar zum Verständnis der Datentabellen beitragen.
Maße und Gewichte:
1 Pfund (köln.) = 467,7 g = 0 32 Lot;
1 Lot = ca. 14,6 g;
1 Malter (köln.) = 4 Sümmer = ca. 164 Liter. Während Ebeling und Irsigler für das Malter einen Inhalt von 164 Litern annehmen, haben neuere Forschungen ergeben, dass das Malter zu 143,54 Litern bereits im Spätmittelalter Gültigkeit hatte, vgl. Metz, Rainer: Geld, Währung und Preisentwicklung. Der Niederrhein im europäischen Vergleich 1350-1800, Frankfurt 1990, S 446.
1 Malter Weizen = ca. 117 kg;
1 Malter Roggen = ca. 108 kg;
1 Malter Gerste = ca. 105 kg;
1 Malter Hafer = ca. 63 kg.
1 (Rechnungs-)Mark = 6 Albus = 72 Heller;
1 (Rechnungs-)Gulden = 4 Mark = 24 Albus;
1 Albus = 12 Heller.
In der publizierten Wochentabelle wechselt die Zählung von Rechenmark zu Rechnungsgulden im Januar 1587!
Die Voraussetzungen der Kölner Versorgungs- und Preispolitik
Vom 15. bis zum 18. Jahrhundert lag die Kölner Einwohnerzahl zwischen 35 000 und 45 000. Für 1500 liegt eine neuere Schätzung bei 40000 bis 45000; von der Mitte des 16. Jahrhunderts an ist die Bevölkerungskurve deutlich rückläufig. Im 17. und 18. Jahrhundert stagniert die Zahl bei etwa 35000 Einwohnern; erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts macht sich wieder ein leichter Anstieg auf 40000 bis 42000 Einwohner bemerkbar. Nach einer überschlägigen Schätzung, die durch sporadische offizielle und private Zeugnisse gestützt wird, betrug der jährliche Mindestbedarf an Brotgetreide einer erwachsenen Person 3-4 Zentner oder in Kölner Maß ca. 2 Malter zu maximal 164 Liter. Bei Brotzuteilungsaktionen des 18. Jahrhunderts galten 14jährige als Erwachsene; für Kinder setzte man die Hälfte des Erwachsenenbedarfs an. Somit lässt sich für eine Gesamtbevölkerung von 40000 ein jährlicher Bedarf von ca. 50000 bis 60000 Malter Brotgetreide errechnen. Darin enthalten ist auch, was für Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, Viehfutter usw. in der Stadt verbraucht wurde. Seit wann und in welchem Ausmaß Brot durch Kartoffeln ersetzt werden konnte, lässt sich nicht genau ausmachen, auf jeden Fall nicht vor dem 18. Jahrhundert und auch dann sicher nicht in erheblichem Maße; denn in den Versorgungslisten des 18. Jahrhunderts spielt die Kartoffel als Ersatzfrucht keine Rolle, eher Erbsen und Bohnen. Die Kartoffel beginnt ihren Aufschwung eigentlich erst mit der Entwicklung der modernen Fruchtwechselwirtschaft.
Man kann also für die drei Jahrhunderte, die diese Edition erfasst, von einem ziemlich gleich bleibenden Pro-Kopf-Bedarf an Getreide ausgehen. Angesichts der von 1500 bis 1800 kaum steigenden Ertragsraten und Flächenerträge, der fast gleich bleibenden Transportmöglichkeiten und der eher steigenden als sinkenden Zahl von sonstigen Erschwernissen wie Land- und Flusszöllen, Ein- und Ausfuhrbeschränkungen der niederrheinischen Territorialstaaten usw. kann ferner davon ausgegangen werden, dass es immer schwierig war, eine so große Menschenzahl mit Brot zu versorgen, und dass private Initiative, das freie Spiel des Marktes, nicht ausreichte, sondern kontrollierend, steuernd und ergänzend städtische Versorgungs- und Preispolitik auf den Plan treten musste.
Versorgungspolitik verband sich besonders gern mit Steuerpolitik. In Köln zeigte sich, da man die so genannte Brottaxe als Instrument der Versorgungspolitik ansehen muss, das fiskalische Interesse zeitlich später, es war dann aber nicht unbedingt zweitrangig. Brottaxen, d. h. Festlegungen, wie schwer bei einem bestimmten Getreidepreis das für eine Scheidemünze erhältliche Brot sein soll, sind in Köln seit dem frühen 12. Jahrhundert sicher bezeugt, allerdings auf dem Umweg über Soest (1130) und Lübeck (1255). Immerhin zeigen die dort erhaltenen Taxen, dass das vom 15. bis zum 18. Jahrhundert in Köln praktizierte System in der Grundstruktur bis ins Hochmittelalter zurückreicht.
Wenn man also den Bäckern Richtlinien zur Fixierung des Brotgewichtes geben wollte, musste man den gesamten Getreidehandel auf dem öffentlichen Markt konzentrieren und die Preisentwicklung regelmäßig beobachten. Wollte man in den Marktgang und in das Preisgefüge selbst eingreifen, brauchte man auch noch Informationen über die auf dem Markt befindlichen Mengen, die Getreideumsätze. Man weiß, dass mittelalterliche Getreidehändler und Spekulanten sogar noch weiter gingen und schon Wochen vor der Ernte auf Grund von Ertragsschätzungen ihre Dispositionen getroffen haben. Die Aufgabe der Marktbeobachtung und der regelmäßigen Berichterstattung übertrug die Stadt ihren Messbeamten auf dem Markt, den Kornmüddern, die gegen Gebühr mit ihren geeichten Sümmermaßen (1 Malter = 4 Sümmer) bei jedem Getreidekauf oder -verkauf tätig waren und dabei auch Maklerdienste leisteten, sowohl zwischen Auswärtigen und Kölnern wie auch unter Kölnern. Hier lernen wir auf der obrigkeitlichen Seite einen dritten Interessenbereich neben Wohlfahrts- und Steuerpolitik kennen, die Sorge für rechtes Maß und Gewicht …
Die wöchentliche Notierung der Kornpreise durch die Bürgermeister (bzw. ihren Schreiber) ist schon im Eidbuch von 1407 festgelegt. Spätestens seit 1475 holte man die Auskünfte bei den Kornmüddern ein.
Leider sind aus dieser Zeit keine Aufzeichnungen erhalten geblieben. Eine Schlüsselposition im ganzen System hatte der Schreiber am Bürgermeistergericht, der die auf Täfelchen oder Zetteln zugebrachten Einzelangaben der Müdder sammelte und eine Vorauswertung durchführte, d. h. den mittleren Marktpreis bestimmte und rein rechnerisch die Taxe, den Brotbescheid, ermittelte. Spätestens seit 1570 war dieses Amt quasi erblich im Besitz der Familie Veltmann. Hermann Veltmann folgte 1600 Johannes, der bis über das Jahr 1641 hinaus amtierte, 1646 ist dann Arnoldus Veltmann bezeugt, der sich wie sein Vorgänger „Notarius et scriba iuratus" titulierte. 1670 erfolgte ein Wechsel: Das Ratsprotokoll vom 17. Januar vermerkt die Collation des Amtes an den Notar Gereon Hesselmann, der bis zu diesem Datum als Schreiber des Amtleutegerichts fungiert hatte. Hesselmann wurde am 12. 8.1683 auf Betreiben des Nikolaus Gülich wegen verschiedener ihm angelasteter Hochverratsdelikte hingerichtet. Seine Witwe bezog noch einige Jahre lang die Einkünfte aus dem Gerichtsschreiberamt, das nun von Magister Matthias Forster versehen wurde. Spätestens 1703 setzte Gereons Bruder Anthon Philip Hesselmann die Familientradition fort". Die Ratsgerichtsschreiber führten auch die Bücher der Kornkasse.
Die zwei Brotwieger, von denen ebenfalls einige namentlich bekannt sind, fungierten als Kontrolleure und als Boten zwischen Gerichtsschreiber, Bürgermeistern, Ratsfreunden und Backamt. Wie alt ihr Amt ist, lässt sich nicht sicher sagen. Am Ausgang des 15. Jahrhunderts gab es sie noch nicht; denn bei der Neuordnung des Brotbescheids in den Jahren 1481 bzw. 1482 ließ man an stark frequentierten Plätzen Brotwaagen aufstellen; damit konnten die Kölner selbst das Brotgewicht mit der auf Tafeln „upgemalten", d. h. öffentlich angeschlagenen Tage vergleichen. Das spricht im Übrigen für einen recht hohen Alphabetisierungsstand der Kölner Bevölkerung.
Die Berechnung des Brotpreises und Brotgewichtes:
Im Rahmen der oben genannten Neuordnungsmaßnahmen entstand die erste erhaltene Anweisung zur Berechnung des Brotgewichtes bzw. Brotpreises (1495 oder 1498). Die Brotpreisbestimmung, um mit dem Einfachsten zu beginnen, bezog sich auf das sog. Malterbrot, ein besonders schweres Schwarzbrot aus ungebeuteltem, d. h. ungesiebtem Roggenmehl - etwa wie unser heutiges Vollkornbrot -, bei dem es sich lohnte, den Preis zu ändern und nicht das Gewicht.
Aus einem Malter Roggen mussten jeweils 32 Brote zu je 7 Pfund 8 Lot gebacken werden. 1 Pfund kölnisch (zu 32 Lot) entspricht heute 467,7 Gramm, 1 Lot daher 14,6 Gramm. Das Malterbrot wog also knapp 3400 g nach heutigem Gewicht. 8 Lot durften am Gewicht fehlen, ohne dass der Bäcker bestraft wurde. Der Preis wurde errechnet nach der Formel:
Malterbrotpreis = (mittlerer Roggenpreis pro Malter + Unkosten)/32.
Der Unkostenansatz wurde, grundsätzlich pauschaliert; er enthielt den Bäckerlohn, Maklergebühr und Messlohn des Kornmüdders, sonstige Löhne, Kosten für das Holz im Backofen, Lohn der Sackträger usw., ferner die Mahlakzise, die 1756 von den übrigen Unkosten getrennt aufgeführt ist und wohl immer mehr als die Hälfte der gesamten Unkosten ausmachte (1756 war das Verhältnis 1:2). 1495/8 wurde die Unkostenpauschale mit 7 Schilling = 42 Heller oder 3,5 Albus pro Malter Backgut angesetzt. Dieser Satz hielt sich sehr lange. Alle paar Jahrzehnte wurde er der inflationären Entwicklung des Geldes entsprechend angepasst, meist im Zusammenhang mit Erhöhungen der Mahlakzise. Aber auch in der Zwischenzeit scheint man in der offiziellen Bescheidsetzung der Inflation Rechnung getragen zu haben.
Die Berechnung des Gewichtes von Weizenbrot (Semmelgin) und Roggenbrot (Roggelgin) war erheblich komplizierter. Zunächst zum Weißbrot: Es musste aus feinem Mehl gebacken werden, wobei 1 Malter Weizen gewöhnlich 32 Brote zu je 5 Pfund ergab, d.h. insgesamt 160 Pfund oder 5120 Lot Weißbrot. Die Formel lautete also:
Weißbrotgewicht (in Lot) = 5120/(mittlerer Malterpreis für Weizen + Unkosten).
In der Regel wurde das Gewicht nach dem Heller, der kleinsten umlaufenden Münze, bestimmt, später dem 4- bzw. das Roggenbrot nach dem 8-Hellerstück.
Noch schwieriger war die Berechnung des Gewichts beim Roggelgin, das überwiegend aus Roggenmehl gebacken werden sollte, allerdings mit einer Beimischung von Weizenmehl bis zu einem Viertel oder Drittel. Dementsprechend musste der Weizenpreis in die Berechnung miteinbezogen werden. Man ging aus von einem Ansatz von 32 Broten zu je 7,25 Pfund aus dem Malter Roggen, den man vom Malterbrot bereits kennt. Danach ergab ein Malter Roggen 232 Pfund oder 7424 Lot Brot. 1495/8 berücksichtigte man das Weizenmehldrittel nur beim Preis.
Das Drittel der Preisdifferenz zwischen Weizen und Roggen nannte man Greß. Diese Rechnung erschien den Bäckern allmählich zweifelhaft, da man beim Roggelgin nicht mit ungebeuteltem Roggenmehl plus feinem Weizenmehl arbeitete, sondern beide Mehlsorten in feiner Qualität verwandte. Spätestens 1616, als der Rechenmeister Heinrich Roselen alles neu berechnete, ging man daher von folgender Überlegung aus: Beim ungebeutelten Roggen, der 232 Pfund (= 7424 Lot) pro Malter ergibt, wird um 1/3 reduziert, das ergibt 154 2/3 Pfund; dazu kommt 1/3 von den errechneten 160 Pfund Weißbrot (pro Malter), gleich 53 1/3 Pfund, zusammen also 208 Pfund oder 6656 Lot. In der eben genannten Formel wird also 7424 ersetzt durch 6656. Der Vorteil für die Bäcker liegt auf der Hand, wenn man davon ausgeht, dass durch das Sieben des Roggenmehls weniger als 1/3 verloren geht, was wahrscheinlich ist; denn ein Malter Weizen ergibt 160 Pfund feines Brot.
Selbstverständlich hat der Gerichtsschreiber, der jede Woche ohnehin aus den vielfältigen Angaben der Müdder die mittleren Marktpreise errechnen musste, die komplizierten Berechnungen der Taxe nicht immer wieder neu durchgeführt; selbst bei Verwendung arabischer Zahlen war dies nicht einfach. So entwickelte man Tabellen oder ließ sie von Rechenmeistern erstellen, aus denen man einfach das Brotgewicht oder den Brotpreis ablesen konnte.
Einige solcher Tabellen sind erhalten, z. B. die von 1495/8, eine von ca. 1600, eine weitere von 1605, die das Backamt nach einem besonderen Ansatz errechnete, dann die schon erwähnte Tabelle Roselens, die 1782 sogar gedruckt wurde.
In den Tabellen von 1495/98 beträgt der angenommene Spielraum für den Weizen- und Roggenpreis 12-72 Albus je Malter. Um 1600 sind die Tabellen weitergeführt bis 224 Albus 10 Heller beim Roggelgin und 240 Albus beim Semmelgin und Malterbrot. Die extreme Preisspitze von 1587 mit 456 Albus pro Malter beim Roggen und 528 Albus beim Weizen (jeweils Juli) konnte damit nicht mehr erfasst werden. Roselens Tabelle reichte von 16 (Malterbrot) bzw. 24/28 Mark (Weiß-/Roggenbrot) bis zu 100 (Malter- und Roggenbrot) bzw. 138 Mark (Weißbrot) und deckte damit die Preisschwankungen des 17. und 18. Jahrhunderts durchwegs ab, ausgenommen die extreme Entwicklung in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts. Dabei wurde der zunächst vorgesehene Spielraum bis zu 86 oder 89 Mark durch jüngere Zusätze auf die oben genannten Sätze erweitert.
Die Daten und ihre Bearbeitung
A. Die Fruchtpreisbücher von 1531-1674 liefern jeweils unter einem Sonntagsdatum Angaben über die von den Müddern in der Vorwoche gemessenen Umsätze an Weizen, Roggen, Gerste und Hafer, sowie zu jeder Getreidesorte den mittleren Marktpreis. Die Anordnung der Daten ist fast EDV-gerecht; bei der tabellarischen Umsetzung gab es kaum Probleme. Aus rechentechnischen und Platzgründen mussten wir auf die Angabe des jeweiligen Tagesdatums verzichten. Die Wochentabelle gibt lediglich an, auf welche Woche eines Monats sich die Umsatzwerte und Preise beziehen. Dabei galt folgende Regel: Fiel das Sonntagsdatum auf einen 1., 2., 3. oder 4. eines Monats, so wurde die Woche als letzte Woche des Vormonats gezählt, ab 5. eines Monats als erste Woche des betreffenden Monats. Die genauen Tagesdaten lassen sich mit Hilfe des Grotefend ohne Schwierigkeiten ermitteln; allerdings wird man sie selten benötigen, da sich wegen der Zusammenfassung der einzelnen Wochendaten im Gesamtumsatzwert und Mittelpreis eine punktuelle Zuweisung ohnehin verbietet. Im ersten Fruchtpreisbuch sind gelegentlich 2, 3, 4 und sogar 6 Wochen in einer einzigen Mengen- und Preisangabe zusammengefasst, in der Quelle meist mit „van II (III, IV etc.) wecken" gekennzeichnet. Solche Angaben mussten ebenfalls aus rechentechnischen Gründen aufgelöst werden unter gleichmäßiger Verteilung der Gesamtmenge auf die einzelnen Wochen. Nach 1560 fallen zusammenfassende Notierungen weg. Bei den wenig relevanten Hellerwerten wurde grundsätzlich auf 6 Heller oder 1 Albus/0 Albus auf- bzw. abgerundet. Aus zwei Preisangaben pro Sorte und Woche wurde der Mittelpreis gebildet, ausgenommen die Fälle, bei denen sich der - gewöhnlich höhere - Preis auf altes (vorjähriges) Getreide bezog, der niedrigere auf die neue Ernte. Dann wurde der Preis des alten Getreides notiert, der des neuen unter genauer Datumsangabe in einer Anmerkung wiedergegeben, um die Differenz nicht zu verwischen. Ebenfalls in Anmerkungen findet man alle weiteren Hinweise des Gerichtsschreibers, die für die Fragen des Brotbescheids, der Preisbildung, des Erntebeginns, die Gesamtbeurteilung der Ernte oder der Getreideumsätze wichtig sind, auch Hinweise auf Katastrophen, Kriege, Fehden usw. Zu 1583 Nov. 13 und 20 ergibt sich aus der Notiz „stylo novo" das Datum des Übergangs zum Gregorianischen Kalender. Nicht berücksichtigt wurden Angaben über neu gewählte Bürgermeister, Sterbefallnotizen und andere eher private Aufzeichnungen am Rande.
Während die Preisangaben vor allem für Roggen und Weizen offensichtlich sehr sorgfältig geführt wurden, scheinen die Gerste- und erst recht die Haferpreise oft nur von Woche zu Woche fortgeschrieben, das gilt vor allem vom 17. Jahrhundert an. Noch offenkundiger ist die im 17. Jahrhundert sinkende Sorgfalt bei den Mengenangaben. Etwa ab 1610 verzichtete man weitgehend auf die Erfassung der Gesamtumsätze, wobei man Gerste und Hafer noch stärker vernachlässigte als die Brotgetreidesorten. Von Ende 1656 bis Februar 1670 fallen die Umsatzangaben nahezu völlig aus.
Dies führte zu einer Reihe von rechentechnischen Problemen, da fehlende Angaben vor allem bei Durchschnittsberechnungen und bei der Mengensummierung anders behandelt werden müssen als echte Nullwerte. Bei Weizen und Roggen konnte mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass bei fehlender Preis- und fehlender Mengenangabe kein Kauf oder Verkauf stattgefunden hat, bei fehlender Mengen-, aber vorhandener Preisnotierung dagegen eine bestimmte Menge Getreide umgesetzt wurde. Im Großen und Ganzen ließen sich diese Fehlermöglichkeiten weit genug eingrenzen. Der Verzicht auf die genaue Mengennotierung im 17. Jahrhundert hatte offensichtlich politische Gründe. Er hängt sicher zusammen mit dem Streit zwischen Stadt und Erzbischof um die Rechte am Salzmaß, die sich bis zum 16.1. 1620 in städtischem Pfandbesitz befanden, danach aber vom Erzbischof wieder ausgelöst wurden. Die Salzmüdder waren auch zum Getreidemessen befugt; so entstanden Streitigkeiten, die sich bis ins Jahr 1672 hinzogen. Zu diesem Zeitpunkt setzten dann auch die exakten Mengennotierungen wieder ein. Erschwerend dürften - vor allem ab 1635 - die Einquartierungen und Handelsstörungen infolge des Dreißigjährigen Krieges gewirkt haben.
B. Mit dem Einsetzen der sog. Bäckerbescheidbücher ergibt sich für die Jahre 1658-1674 eine aufschlussreiche Doppelüberlieferung. An sich stimmen die Angaben über die mittleren Marktpreise fast völlig überein, woraus folgt, dass - zumindest für diese Jahre - das Bäckerbescheidbuch als Vorlage für das Fruchtpreisbuch gedient haben kann. Einige zusätzliche Angaben lassen aber vermuten, dass beide Überlieferungen auf einer gemeinsamen dritten, den Zetteln der Kornmüdder, basieren. Mengenangaben liefert nur das Bäckerbescheidbuch ab 1670. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Wechsel im Aufzeichnungssystem mit dem Wechsel der Gerichtsschreiberfamilie, von Veltmann zu Hesselman zusammenhängt.
Stichproben zeigen immer wieder, dass der Gerichtsschreiber die Preise überschlägig mit den dazugehörigen Mengen gewichtete. Dasselbe Verfahren haben wir übrigens auch bei der Ermittlung von Jahresdurchschnittspreisen gewählt, allerdings mit ungleich höherer Rechengenauigkeit.
Innerhalb einer Woche lassen sich in der Regel erhebliche Preisunterschiede feststellen, die auf die ungleichmäßige Qualität des Getreides zurückzuführen sind. Es wäre sicher lohnend, neben den Wochendurchschnittspreisen auch die jeweiligen Maxima und Minima zu Reihen zu ordnen, zumal die neuere französische Getreidepreisforschung - z. T. lediglich der vorgefundenen Datenstruktur folgend - dieses Verfahren gern anwendet und die Schwankungsbreite innerhalb der einzelnen Getreidesorten in engem Zusammenhang mit der zyklischen Preisbewegung steht. Aber da sich die Kölner Brottaxe selbst am Mittelwert orientierte und für die Zeit von 1531 bis 1658 nur diese Werte vorliegen, hat man auf eine Ergänzung der Mittelpreisreihe verzichtet.
Von wesentlich höherer Bedeutung für die Kölner Preisgeschichte und die obrigkeitliche Preispolitik in dieser Stadt sind die Angaben der Bäckerbescheidbücher über Malterbrotpreis und Brotgewicht. Wie der Bescheid in der Vorwoche zum angegebenen Sonntagsdatum lautete, ist regelmäßig vermerkt und zwar, sofern keine Änderung erfolgte, mit einem "ut supra"-Verweis. Korrekturen erfolgten in der Regel nur, wenn sich das Preisgefüge in spürbarer Weise änderte, aber auch dann nicht automatisch. Die Neufestsetzung des Brotbescheids geschah meist am Montag oder Dienstag, also unmittelbar im Anschluss an die sonntägliche Notierung der Umsatzmengen und Preise. Von den nach Formel bzw. Tabelle errechneten Gewichten und Preisen weicht der tatsächliche Bescheid gewöhnlich ein gutes Stück ab. Das ist einmal eine Folge der Preisinflation bzw. der verzögerten Anpassung der Berechnungstabellen, vor allem aber der direkte Ausdruck städtischer Preispolitik. Ob der Rat der schon im 15. Jahrhundert formulierten Maxime folgte, bei Preissteigerungen die Senkung der Brotgewichte und die Erhöhung des Malterbrotpreises zu verzögern und bei Preisabfall umgekehrt zu verfahren, also im ersten Fall die Gemeinde und im zweiten Fall das Backamt zu begünstigen, kann von 1658 bis 1773 mit bisher kaum gekannter Exaktheit nachgeprüft werden; ja man kann Preispolitik hier regelrecht messen und graphisch darstellen, eine Aufgabe, die im 2. Band zu leisten ist. Der 1. Band verarbeitet aus den Bäckerbescheidbüchern lediglich die Umsatz- und Preisdaten. Bezüglich der weiteren Angaben des Bäckerbescheidbuchschreibers gilt dasselbe wie bei den Fruchtpreisbüchern: Alle wichtigen Ergänzungen sind in den Anmerkungen berücksichtigt, vor allem die Lieferungen der Kornkasse an die Bäcker in Krisenzeiten.
C. In der Umsatz- und Preisliste von 1773-97 fehlen alle Tax- oder Bescheidhinweise. Das in Abbildung 5 und z. T. noch in der Transkription auf den ersten Blick etwas verwirrende Bild wird, wenn man das Notierungsprinzip des Schreibers erkannt hat, gut überschaubar. Hier ist jeder einzelne Kauf der Woche, nach Müddern geordnet, lückenlos erfasst, nach Sorten, Menge, Preis und sogar nach Verkäufer und Käufer, wofür der Verfasser dem Schreiber besonders dankbar ist; denn damit erhält man endlich einen tieferen Einblick in die innere Struktur des Kölner Getreidemarktes. Geschäfte zwischen Auswärtigen kommen wegen des immer noch gut behaupteten Kölner Stapels und Gästerechts so gut wie nicht vor. Da alle Umsätze erfasst werden, tauchen einige Getreidemengen zweimal auf, z. B. wenn ein Auswärtiger an einen Kölner Kaufmann verkaufte und dieser wiederum an einen Kölner Bäcker, oder wenn ein Auswärtiger über einen Kölner Zwischenhändler an einen anderen Auswärtigen verkaufte. In welchem Umfang dies geschah, ist leider nicht zu berechnen. Diese Quelle zeigt aber, dass man es vermutlich schon seit 1531 mit Bruttoumsätzen zu tun hat und die Nettoumsätze, d. h. die tatsächlich vorhandene Getreidemenge niedriger anzusetzen ist.
Hinweise zu der Wochen- bzw. Jahrestabelle:
Wochentabelle: Bei jeder der vier Getreidesorten findet man in der Spalte „Menge" die Wochenumsätze in Kölner Maltern, in der Spalte „Preis" den mittleren Marktpreis der Woche, und zwar zunächst in Mark/Albus/Heller, von Januar 1587 an dem Quellenbefund entsprechend in Gulden/Albus/Heller. Ergänzend zu diesen aus den Quellen entnommenen Daten sind pro Monat der durchschnittliche Wochenumsatz und der Monatsdurchschnittspreis errechnet worden. Der Durchschnittspreis wird durchgehend in Albus angegeben. Das Verhältnis der einzelnen Währungsangaben lautet:
1 Gulden = 4 Mark = 24 Albus = 288 Heller; 1 Mark = 6 Albus = 72 Heller; 1 Albus = 12 Heller. Es handelt sich immer um Rechnungsgeldeinheiten, deren Verhältnis untereinander feststand.
Jahrestabelle: Nach den vier Getreidesorten gegliedert erlaubt sie absolut (Zeichen: ABS) und prozentual (Zeichen: %) den Vergleich der Sortenmengen untereinander und mit der Gesamtumsatzmenge eines Erntejahres (MENGE ALLER SORTEN). Sie liefert ferner unter „FW" die Zahl der Wochen, in denen die Mengenangaben fehlen.
Die Jahresdurchschnittspreise wurden nach zwei Berechnungsarten ermittelt, einmal als arithmetisches Mittel aller Preise (MITTEL), zum anderen als gewogenes Mittel, wobei jede Preisangabe mit der dazu gehörigen Umsatzmenge gewichtet wurde (GEWICHTET).
Hauptüberlegung dabei war, die extremen Preisspitzen in Krisenjahren, die nur für sehr kleine Umsatzmengen gelten, nicht allzu sehr auf das Jahrespreismittel durchschlagen zu lassen und darüber hinaus in der prozentualen Abweichung (%-ABW) des arithmetischen vom gewogenen Mittel eine Art von Krisen Barometer zu gewinnen. Die letztere Erwartung hat sich nur z. T. erfüllt, es gibt erhebliche Abweichungen von der Regel, ein erster wichtiger Hinweis auf die komplizierten und großen Veränderungen unterworfenen Marktmechanismen der Zeit, die sich nicht in einfachen Angebot-Nachfrage-Funktionen darstellen lassen.
Preise und Währung. Umrechnungsprobleme
Wie oben schon kurz erwähnt, erfolgte die Notation der Getreidepreise durchgehend in Rechengeldeinheiten. Die Mark zu 6 Albus wurde niemals ausgeprägt, und der Gulden zu 4 Mark oder 24 Albus entsprach lediglich von 1437-1468 dem damals geprägten oberländischen bzw. von 1468 an noch einige Jahre lang dem oberländischen bescheidenen Gulden, dann wurde er endgültig zum Rechnungsgulden. Als solcher hielt er sich wegen des praktischen Umrechnungsverhältnisses zur Mark und zum Albus bis zum Ende des Ancien Régime. Warum verwandte man dieses mehr oder weniger vom Münzalltag entfernte Rechengeld? Es bildete einmal die allgemeine Bewertungsgrundlage für die vielen im Umlauf befindlichen Münzen einheimischer und fremder Herkunft, deren Kurswert in regelmäßigen Valvationen obrigkeitlich bestimmt wurde. Zum anderen bot es die Möglichkeit, die seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eingeführte Doppel- oder besser Parallelwährung mit Goldmünzen (später auch Groß-Silbermünzen) einerseits, Silber-, vor allem Kleinsilbermünzen (später auch Kupfermünzen) andererseits einigermaßen als System zusammenzuhalten und damit eine geordnete Finanzverwaltung durchzuführen. Die Schwierigkeit lag darin, dass das Kleinsilbergeld seinen inneren Wert (Feinsilbergehalt) mit erheblich größerer Geschwindigkeit einzubüßen pflegte als das Gold- oder Großsilbergeld. Auf die Gründe, warum es nicht gelang, geprägte Gulden und Albus für längere Zeit in ein festes Kursverhältnis zu bringen, kann hier nicht eingegangen werden. Nur ein langfristiger Trend sei genannt, die Verschiebung der Silber-Gold-Wertrelation von 10-11: 1 auf 14-15: 1 zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert.
Die Kaufkraft des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Münzgeldes war im Wesentlichen bestimmt durch den Gold- und Silbergehalt der einzelnen Münze (valor intrinsecus). Diese enge Bindung an die Ware Edelmetall, die natürlich selbst wieder Wertschätzungsschwankungen unterworfen war (Silber z. B. wird im Verhältnis zum Gold billiger oder umgekehrt Gold teurer), und die in der Quellenlage sowie im Wandel der Konsumbedürfnisse und des Konsumverhaltens begründete Unmöglichkeit, moderne Lebenshaltungskostenindices zur Messung der Kaufkraft des Geldes vom 15. bis zum 18. Jahrhundert heranzuziehen, zwingen zu der Fiktion, dass Gold in diesem Zeitraum einen extrem hohen, gleich bleibenden und nicht weiter zu erklärenden Wert darstellte, auf den alle anderen Wertveränderungen im monetären Bereich bezogen werden müssen. Unter dieser Annahme lassen sich für die Zeit vor 1800 - mit allen Vorbehalten - sinnvolle Vergleiche von Preisen und Kaufkraft über Jahrhunderte hinweg durchführen. Entsprechendes gilt für den überregionalen Vergleich zeitgleicher Preise; allerdings findet man hierfür häufig Indexrechnungen. Wenn wir die Kölner Getreidepreise langfristig miteinander vergleichen wollen, müssen wir die Rechengeldpreise in Gramm Silber oder - noch besser - in Gramm Gold ausdrücken, um auch noch den Wertverlust des Silbers gegenüber dem Gold auszuschalten. Bei mittelfristigen Untersuchungen lohnt sich der zweite Schritt in der Regel nicht, da die Wertverschiebung außerordentlich langsam vor sich ging.
Wie kommt man nun vom Rechengeld zum gemünzten Geld und damit zum Edelmetallfeingehalt? Die Verbindung wird hergestellt über die jeweils kleinste ausgeprägte Silbermünze, zunächst über den Heller, dann über das 4-, 6- (= 1/2 Albus), 8-Hellerstück und schließlich den Albus selbst. War der Heller die kleinste Silbermünze, so betrug der Silberwert des Rechnungsalbus das 12fache des Silbergehalts eines Hellers, der Silberwert der Mark das 72fache, der des Rechenguldens das 288fache, während gleichzeitig der geprägte Albus einen Kurswert von 15 oder noch mehr Hellern haben konnte, weil sein Feinsilbergehalt tatsächlich weit mehr als das 12fache höher lag. Da die 1-Hellerstücke im 16. Jahrhundert nur noch minimale Silberbeimischungen enthielten und die obige Rechnung damit sinnlos wird, empfiehlt es sich, den Rechnungsalbus vom 16. Jahrhundert an auf den geprägten Albus oder diesem im Gewicht nahe kommende Stücke zu beziehen, vor allem auf das 8-Hellerstück; nicht in Frage kommt dabei zunächst der so genannte Raderalbus (ab 1493 bzw. 1502), sondern nur der leichte Albus, der neben dem schweren Raderalbus weiter umlief. Erst mit der großen Münzreform von 1511 ergibt sich ein neues Bild.
Der Silberwert der Rechnungsmark und des Rechnungsguldens änderte sich also mit der Veränderung - in der Regel handelte es sich um eine Verschlechterung - des Kleinsilbergeldes. Das erklärt das vor allem im 16. Jahrhundert zu beobachtende Steigen der nominalen Getreidepreise. Deflationiert man auf Silber- oder Goldgewicht, so erhält man die „reale" Preissteigerung, deren Ursachen nicht mehr im monetären Bereich zu suchen sind - abgesehen davon, dass in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts der starke Zustrom von amerikanischem Silber auf den europäischen Markt preissteigend wirkte.
Es hätte wenig Sinn gehabt, in dieser Edition alle Nominalpreise der Wochentabelle in Silber- oder Goldgewicht auszudrücken. Auch an der Jahrestabelle lassen sich eine Vielzahl von Untersuchungen durchaus an den Nominalwerten durchführen. Für weitergehende Forschungen werden im Folgenden eine wohl unvollkommene, aber dem geldgeschichtlichen Forschungsstand durchaus entsprechende Tabelle („Silberwert des Albus und Goldwert des Rechnungsguldens 1386-1777“) an die Hand gegeben. Sie basiert im wesentlichen auf den Arbeiten von E. Kruse und A. Noss, ergänzt durch Kursangaben aus Kölner Rechnungsbüchern. Mit dieser Tabelle kann man also jeden Preis der Edition schnell umrechnen, ausgenommen die letzten drei Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts, für die wegen der ungünstigen Quellenlage keine Wertbestimmung des Rechengeldes mehr möglich war.
Gilt die von uns für das 15.-18. Jahrhundert angenommene Vergleichbarkeit auf der Gold-Silberbasis bis heute? Angesichts der Aufgabe des Goldstandards unserer Währung, der stark schwankenden Gold- und Silberpreise, der völlig veränderten Stellung von Getreide und Brot in unserem Nahrungsgefüge muss man direkte Schlüsse ablehnen. Für vorsichtige Interpretation bleibt trotzdem Raum: 1975 lag der mittlere Goldpreis pro Gramm (inkl. 11% MWSt.) bei ca. 14,73 DM, Silber kostete dagegen 0,43 DM; somit betrug die Gold-Silberrelation 34,25: 1. Die EG-Richtpreise pro Tonne Getreide beliefen sich im Juli 1975 auf Weizen: 508,48 DM, in Gold: 34,52 g, in Silber: 1182,5 g; Roggen: 497,72 DM, in Gold: 33,79 g, in Silber: 1157,5 g; Gerste: 475,11 DM, in Gold: 32,25 g, in Silber: 1104,9 g; Hafer: 429,90 DM, in Gold: 29,19 g, in Silber: 999,8 g.
Nach der Goldgewichtsrechnung ergeben sich erstaunliche Übereinstimmungen, nach der Silberwertrechnung erhebliche Diskrepanzen, die sich aber größtenteils aus der Verschiebung der Gold-Silberrelation erklären. Trotzdem ruht der ganze Vergleich auf sehr schwachen Füßen. Einen etwas besseren Zugang versprechen die im 2. Band enthaltenen Brotpreise und Brotgewichte. Für einen Vergleich auf der Basis von Lohndaten reicht die Quellengrundlage leider nicht aus.
Die Arbeiten am Schwerpunktprojekt „Deutsche Agrarpreisstatistik ca. 1400 – 1800“:
„Die bei der Beschäftigung mit den Kölner Preisserien offen gelegte Forschungslücke in der Geld- und Währungsgeschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit versuchte Irsigler 1980 – 1986 in einem von der Stiftung Volkswagenwerk geförderten Projekt zur Rekonstruktion des Geld- und Währungssystems ein wenig zu schließen. Trotz der Brauchbarkeit von Indexrechnungen erscheint es mir unumgänglich, als Vergleichsmaßstab für den diachronen und den überlokalen bis internationalen Vergleich von Preisen, Löhnen, Transportkosten und andere, meist in Rechengeldeinheiten angegebenen Daten Edelmetalläquivalente anzugeben. Auch Probleme der historischen Konjunkturforschung können nur so einigermaßen sauber gelöst werden. In seiner Dissertation von 1988 hat Rainer Metz für die Städte Köln, Aachen, Düren, Jülich, Xanten, Wesel, Koblenz, Frankfurt, Speyer und Würzburg Edelmetalläquivalente der Rechnungswährungen bereitgestellt, die vom 14./15. Jahrhundert bis zum Ende des Alten Reiches gehen. Auf den Ertrag seiner vergleichenden Analyse, in die neben englischen, französischen und niederländischen Reihen auch die von Wien, Danzig, Luzern, Krakau und Straßburg eingeflossen sind, kann ich hier nicht eingehen. Sicher ist, dass die geld-, aber auch die preis- und konjunkturgeschichtliche Forschung in Deutschland damit eine zwar noch schmale, aber sehr zuverlässige Grundlage hat.
Das Projekt Deutsche Agrarpreisstatistik ca. 1400 – 1800 wurde fünf Jahre lang von 1981 – 1986 gefördert. Ziel war die Erfassung, Bearbeitung und Edition langer Reihen von Agrarpreisen (besonders Roggen, Weizen, Hafer, Gerste, Spelz, zum Teil auch Hülsenfrüchte), die durch Elsas und andere Publikationen nicht erfasst wurden. Der Schwerpunkt der Studie sollte im rheinischen Raum liegen, wo etwa für Düren, Aachen, Trier, Xanten, Düsseldorf sehr dichte Reihen vorliegen. Zum Vergleich sollten ausgewählte Reihen aus anderen Regionen, teils auf der Basis von Archivmaterial, teils durch Neubearbeitung von älteren Drucken, herangezogen werden … Die Konzentration der vollständigen Datenerfassung auf einen überschaubaren Raum hat den Vorteil, dass Hierarchien von Märkten klar herausgearbeitet werden können und die Faktoren der Preisbildung im vergleich benachbarter Reihen deutlicher zu fassen sind„. (Irsigler, F.: Deutsche Agrarpreisstatistik 1400 bis 1800, in: Diederich, N./Hölder, E./Kunz, A. u.a., Historische Statistik in der Bundesrepublik Deutschland. Band 15 der Schriftenreihe Forum der Bundesstatistik (Hrsg.: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden). Stuttgart: Metzler-Poeschel, S. 46-51).