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Studien Zeitreihen |
ZA 8269 | Konjunktur | Kondratieff, Nikolai D., Die langen Wellen der Konjunktur. |
15 Zeitreihen (1780 - 1922) 7 Tabellen |
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Bibliographische Angaben
Studiennummer: ZA 8269
Studientitel: Die langen Wellen der Konjunktur.
Erhebungs- bzw. Untersuchungszeitraum: 1780 - 1922
Primärforscher: Kondratieff, Nikolai D.
Veröffentlichung (gedruckte Veröffentlichung): Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 573 - 609.
Empfohlene Zitation (Datensatz):
Kondratieff, Nikolai D., (1926 [2006]) Die langen Wellen der Konjunktur.
Daten entnommen aus:
GESIS Datenarchiv, Köln. histat.
Studiennummer 8269
Datenfile Version 1.0.0
Studientitel: Die langen Wellen der Konjunktur.
Erhebungs- bzw. Untersuchungszeitraum: 1780 - 1922
Primärforscher: Kondratieff, Nikolai D.
Veröffentlichung (gedruckte Veröffentlichung): Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 573 - 609.
Empfohlene Zitation (Datensatz):
Kondratieff, Nikolai D., (1926 [2006]) Die langen Wellen der Konjunktur.
Daten entnommen aus:
GESIS Datenarchiv, Köln. histat.
Studiennummer 8269
Datenfile Version 1.0.0
Inhalt der Studie
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Studienbeschreibung:
Die Theorie der „Langen Wellen“ gewinnt gegenwärtig wieder größere Beachtung. Insbesondere unter wirtschaftlichen Aspekten soll damit versucht werden, die Entwicklungstendenzen der nächsten Jahrzehnte abzuschätzen. Bereits Anfang dieses Jahrhunderts wurde versucht, durch die Analyse des bestehenden Datenmaterials über Warenpreise, Lohnniveaus, Zinsentwicklung etc. die Existenz von Konjunkturzyklen mit einer Zeitspanne von 47-60 Jahren im wirtschaftlichen Entwicklungsprozess nachzuweisen
Das Phänomen der langen Wellen der Konjunktur wurde in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts von dem russischen Wissenschaftler Nikolai Kondratieff entdeckt und beschrieben. Er veröffentlichte seine Erkenntnisse 1926 in der deutschen Fachzeitschrift “Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik" unter dem Titel “Die langen Wellen der Konjunktur”. Darin wies er darauf hin, dass die wirtschaftliche Entwicklung Westeuropas und der USA nicht nur durch kurze und mittlere Konjunkturschwankungen gekennzeichnet sei, sondern auch durch die bis zu diesem Zeitpunkt nicht beachtete langen Phasen von Prosperität und Rezession. Solche lange Konjunkturwellen, die später auch als „Kondratieffzyklen“ bezeichnet wurden, hatten nach seinen Feststellungen eine Dauer von 45 - 60 Jahren. Sie wurden durch Basisinnovationen ausgelöst, die grundlegende Änderungen in der Produktion, der Arbeitsorganisation und der gesellschaftlichen Ordnung erforderlich machten und einen boomartigen Produktivitätsschub und Wohlstandszuwachs ermöglichten. Kondratieff stellte fest, dass die von ihm analysierten langen Konjunkturzyklen mehr waren als ein zeitlich gestreckter Konjunkturzyklus, vielmehr erkannte er in ihnen einen Reorganisationsprozess der gesamten Gesellschaft, mit dem Knappheitsfelder durch neue Produkte und Dienstleistungen erschlossen wurden.
„Der Gedanke, dass die Dynamik des Wirtschaftslebens in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung nicht einfachen und linearen, sondern komplexen und zyklischen Charakters ist, kann heute als allgemein anerkannt gelten. Die Wissenschaft ist jedoch noch weit davon entfernt, das Wesen und die Typen dieser zyklischen, wellenförmigen Bewegungen geklärt zu haben“ (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 573). Die Existenz der 7-11jährigen Zyklen der kapitalistischen Wirtschaft sieht Kondratieff als bewiesen an; diese Bewegungen interessieren ihn hier nicht. Er beschränkt daher sein Thema bewusst auf die Erörterung der „langen Wellen und auch die mit diesem verknüpften Fragen nicht in vollem umfang“ (Kondratieff, a.a.O., S. 574). Ziel der Arbeit von Kondratieff ist es festzustellen, „ob es lange Wellen gibt, und wenn ja, worin sie sich äußern“ (Kondratieff, a.a.O., S. 575). Dabei beschränkt er sich auf die Zeit seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, da zuverlässige Daten nicht weiter zurückreichen.
Bei seiner Untersuchung stand fast ausschließlich die Analyse der vorhandenen statistischen und deskriptiven Daten für die Länder Deutschland, Frankreich, England und die Vereinigten Staaten im Vordergrund. Methodisch geht Kondratieff so vor, dass er alle Elemente der ökonomischen Wirklichkeit nach dem Charakter ihrer Dynamik in zwei Gruppen einteilt. Die werthaften Elemente (das sind Preise) enthalten keinen Trend innerhalb des Beobachtungszeitraumes. Zu ihrer Analyse genügen daher „elementare statistische Methoden“ (Kondratieff, a.a.O., S. 575). Die Elemente der zweiten Gruppe gliedern sich dreifach: rein werthafte Elemente wie Kapitalzins, Arbeitslohn, Bankeinlagen; Elemente gemischten Charakters wie Wert des Außenhandels; und schließlich naturale Elemente wie Produktion und Verbrauch. Gemeinsam ist dieser zweiten Gruppe von Elementen, „daß sie, organisch mit der allgemeinen Veränderung des Umfangs des ökonomischen Lebens der Gesellschaft verbunden, in ihrer Dynamik neben Schwankungsvorgängen auch eine allgemeine Tendenz von einer bestimmten Richtung – in der Regel nach oben – bekunden“ (Kondratieff, a.a.O., S. 575). Zeitreihen aus den nachstehenden Bereichen dienten seiner Untersuchung als empirische Grundlage: das mittlere Niveau der Warenpreise, der Kapitalzins, der Lohn, die Umsätze im Außenhandel, die Erzeugung und der Verbrauch von Kohle und die Roheisen- und Bleigewinnung.
Kondratieff stellt sich die Frage, ob und inwieweit er die Existenz langer Wellen überzeugend nachgewiesen hat, ob die statistischen Untersuchungen und die daraus gezogenen Schlüsse auf die Datierung der Zyklen von langer Dauer es rechtfertigen, von Langen Wellen zu sprechen. Lange Wellen bedeuten hierbei, „daß die Bewegung ein bestimmtes Verlaufsbild zeigt, das wir als Wellenlinie charakterisieren können. Und man will ferner damit sagen, dass dieser Verlauf nicht zufällig, sondern notwendig bestimmt ist …“ (Jöhr, W.A., 1953: Die Konjunkturschwankungen. Tübingen/Zürich, S. 51). Den untersuchten Zeitraum von 140 Jahren, das sind nach Kondratieff 1 ½ Zyklen, hät er für den Nachweis langer Wellen ohne Frage für ausrecichend; er schränkt nur ein, dass es nicht genüge, „um mit voller Sicherheit das Zyklische dieser Wellen behaupten zu können. Immerhin halten wir die vorhandenen Daten für ausreichend, um diesen zyklischen Charakter für sehr wahrscheinlich zu erklären“ (Kondratieff, a.a.O., S. 592). Mittlere Wellen, deren Existenz unbestritten ist, weisen eine Schwankungsbreite zwischen 7 und 11c Jahren auf. Bei den langen Wellen kommt Kondratieff hingegen zu einem Spielraum zwischen 48 und 60 Jahren.
Das Ergebnis der statistischen Bemühungen Kondratieffs ist die Datierung der bisher beobachteten drei langen Wellen:
Erste lange Welle: Der Anstieg dauert vom Ende der 80er Jahre oder vom Anfang der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts bis 1810 - 1817. Der Abstieg dauert von 1810 - 1817 bis 1844 - 1851.
Zweite lange Welle: Der Anstieg dauert von 1844 - 1851 bis 1870 - 1875. Der Abstieg dauert von 1870 - 1875 bis 1890 - 1896.
Dritte lange Welle: Der Anstieg dauert von 1890 - 1896 bis 1914 – 1920. Der Abstieg beginnt w a h r s c h e i n l i c h 1914 – 1920.
Der erste Kondratieffzyklus begann Mitte des 18. Jahrhunderts und lief Mitte den 19. Jahrhunderts aus (Höhepunkt ca. 1800 bis ca. 1850). Er markierte den Übergang von der Agrargesellschaft in die Industriegesellschaft. Ausgelöst und getragen wurde er durch die Erfindung der Dampfmaschine, der Fabrik und grundlegenden Neuerungen in der Textilindustrie (Handwebstuhl und Spinnmaschinen). Durch diese Innovation wurde es möglich, die Produktion von Garnen, Tüchern, Stickereien und Bekleidung vom Handwerk, Heimarbeit und Manufaktur zur wesentlich produktiveren Fabrikarbeit zu verlagern und nach und nach zur industriellen Massenproduktion überzugehen. Eine neue soziale Klasse entstand, der Arbeiter. In ihrem Gefolge kam es zur Konzentration der Arbeit in Fabriken und zum Wachstum der Städte und der städtischen Infrastruktur.
Der zweite Kondratieffzyklus war die große Zeit des Stahls (Höhepunkt ca. 1850 bis ca. 1900). Die entstandenen Fabriken konnten ihre Produktion nur ausweiten mit der Erfindung der Eisenbahn und des Stahlschiffes. Außer Lokomotiven, Gleisen und Bahnhöfen konnten nun auch Schiffe, Brücken, Häuser und große Mengen verschiedenster Maschinen, Werkzeuge, Waffen und Verbrauchsgüter aus Stahl hergestellt werden.
Im dritten Kondratieffzyklus (Höhepunkt ca. 1900 bis ca. 1950) reorganisierte sich die Gesellschaft, um das Potential der elektrischen und chemischen Energie in unzähligen neuen Produkten zu nutzen. Elektrizität und Chemie wurden zu den Trägern des Wandels. Dieser Zyklus war von wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig. Genauere Kenntnisse über den Aufbau der Materie und der Elektrodynamik wurden notwendig. Ein Massenkonsum mit elektrischen und chemischen Erzeugnissen von bislang ungeahnten Ausmaßen setzte ein, die Produktionstechnik wurde fast vollständig auf elektrische Energie umgestellt. Deutschland und die USA wurden durch die führende Stellung in Elektrotechnik und Chemie zu Großmächten.
In der Auseinandersetzung mit seinen Kritikern, die die langen Wellen als „durch zufällige, von außen hinzutretende Verhältnisse und Ereignisse bedingt“ ansehen wollen, sucht Kondratieff nachzuweisen, „dass sie die Kausalzusammenhänge umkehren und die Folge für die Ursache nehmen oder dort eine Zufälligkeit sehen, wo eine Gesetzmäßigkeit vorliegt„ (Kondratieff, a.a.O., S. 593). Nacheinander greift er die Änderungen in der Technik, Kriege und Revolutionen, die Einbeziehung von neuen Ländern in die Weltwirtschaft, die Vermehrung der Goldproduktion als mögliche Erklärung für die langen Wellen auf.
„Zu diesen Schlussfolgerungen führte uns die Untersuchung statistischer Reihen, welche die Bewegung der kapitalistischen Wirtschaft charakterisieren. Andererseits bestätigen die geschichtlichen Materialien zur Entwicklung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens überhaupt die These der langen Wellen. Wir können und werden in eine Analyse dieser Materialien hier nicht eintreten. Jedoch mögen einige allgemeine Sätze, zu denen wir gelangt sind, das Auftreten der langen Wellen charakterisieren und ihre Bedeutung für die soziale and ökonomische Entwicklung andeuten.
1. Die langen Wellen sind uns real in demselben umfassen den dynamischen Prozesse gegeben, in welchem auch die mittleren Zyklen der kapitalistischen Wirtschaft mit ihren Hauptphasen des Aufschwungs and der Depression verlaufen. Indessen erhalten diese mittleren Zyklen durch das Vorhandensein der langen Wellen ein bestimmtes Gepräge. Die Untersuchung zeigt, daß während des Anstiegs der langen Wellen die Jahre des Aufschwungs der mittleren Zyklen and während des Absinkens die Jahre der Depression regelmäßig vorwiegen.
2. Während des Absinkens der langen Wellen macht die Landwirtschaft in der Regel eine besonders scharf ausgesprochene, lang anhaltende Depression durch. So war es nach den Napoleonischen Kriegen; so war es vom Anfang der 7oer Jahre des 19. Jahrhunderts ab; dasselbe ist auch nach dem Weltkriege zu beobachten.
3. Während des Absinkens der langen Wellen werden besonders viele wichtige Entdeckungen and Erfindungen in der Produktions- and Verkehrstechnik gemacht, die jedoch gewöhnlich erst beim Beginn des neuen langen Anstiegs im großen auf die wirtschaftliche Praxis angewandt zu werden pflegen.
4. Im Beginn der langen Aufstiege pflegt die Goldgewinnung zu wachsen and der Weltmarkt durch stärkere Einbeziehung von Neu- und. besonders von Kolonialländern ausgedehnt zu werden.
5. In die Zeit des Ansteigens der langen Wellen, d. h. der Hochspannung im Wachstum des Wirtschaftslebens. fallen in der Regel die meisten und größten kriegerischen and inneren sozialen Erschütterungen.
Wir betonen, daß wir diesen Regelmäßigkeiten nur e m p i r i s c h e n Charakter beilegen and daß wir keineswegs meinen, in ihnen läge eine Erklärung der langen Wellen.
XII. Kann das Vorhandensein großer Zyklen in der Dynamik der kapitalistischen Wirtschaft auf Grund der vorauf gegangenen Darlegungen als bewiesen gelten? Die einschlägigen Daten, die wir anführen konnten, umfassen an 140 Jahre. Auf diesen Zeitraum kommen nur 21/2 Zyklen. Wenn schon der unserer Untersuchung zugängliche Zeitabschnitt zur Entscheidung der Frage, ob es lange Konjunkturwellen gibt, auch genügt, so reicht er doch nicht aus, um mit voller Sicherheit das Zyklische dieser Wellen behaupten zu können. Immerhin halten wir die vorhandenen Daten für ausreichend, um diesen zyklischen Charakter für sehr wahrscheinlich zu erklären.
Zu dieser Behauptung führt uns nicht nur die Betrachtung des oben beigebrachten faktischen Materials, sondern auch die Tatsache, daß die Einwände gegen diese Annahme, daß die langen Wellen in der kapitalistischen Dynamik zyklischen Charakter haben, wenig überzeugend sind.
Man weist darauf hin, daß den langen Wellen jene Regelmäßigkeit abgehe, welche die mit den Krisen zusammenhängenden mittleren industriell-kapitalistischen Wellen aufweisen. Aber deco ist nicht so. Versteht man unter »Regelmäßigkeit« die W i e d e rh o 1 u n g in r e g e l m ä ß i g e n Zeitabständen, so kann man sie den langen Wellen ebenso wenig absprechen wie den mittleren. Eine s t r e n g e Periodizität gibt es in den sozialen and ökonomischen Erscheinungen überhaupt nicht auch nicht in den mittleren Wellen. Deren Länge schwankt wenigstens zwischen 7 and ii Jahren, d. h. um 57%. Bei den großen Zyklen, die zu beobachten sind, schwankt die Dauer zwischen 48 and 60 Jahren, d. h. nur um 25%.
Versteht man unter Regelmäßigkeit die Gleichartigkeit and Gleichzeitigkeit der Schwankung bei den verschiedenen E l e m e n t e n des Wirtschaftslebens, so ist sie bei den langen Wellen im gleichen Grade wie bei den mittleren vorhanden. Versteht man schließlich unter Regelmäßigkeit die Tatsache, daß die mittleren Wellen international auftreten, so unterscheiden sich die langen Wellen hierin nicht von ihnen.
Somit gibt es in den langen Wellen nicht weniger Regelmäßigkeit als in den mittleren, and wenn wir diese als zyklisch bezeichnen wollen, so brauchen wir auch jenen dieses Merkmal nicht abzusprechen.
Man weist weiter darauf hin, daß die langen Wellen - anders als die mittleren : welche inneren Ursachen der Dynamik der kapitalistischen Wirtschaft entspringen - durch zufällige, von außen hinzutretende Verhältnisse und Ereignisse bedingt sind, z. B. 1. durch Veränderungen der Technik, 2. durch Kriege and Revolutionen, 3. durch die Einbeziehung von Neuländern in die Weltwirtschaft and 4. durch Schwankungen der Goldgewinnung.
Diese Erwägungen sind sehr wesentlich. Aber auch sie sind nicht stichhaltig. Ihre Schwäche ist, daß sie den Kausalzusammenhang umkehren and die Folge für die Ursache nehmen oder dort eine Zufälligkeit sehen, wo eine Gesetzmäßigkeit vorliegt. Wir haben oben bewußt der Feststellung einiger empirischer Regeln für den Verlauf der langen Wellen einige Worte gewidmet. Diese Regelmäßigkeiten helfen uns jetzt, den eben angeführten Einwand richtig zu würdigen.
1. Änderungen in der Technik üben auf den Gang der kapitalistischen Dynamik unstreitig einen mächtigen Einfluß aus. Aber niemand hat bewiesen, daß diese Änderungen der Technik zufälligen and äußeren Ursprunges sind.
Änderungen auf dem Gebiete der Produktionstechnik haben zwei Voraussetzungen: 1. es müssen die entsprechenden wissenschaftlich-technischen Entdeckungen and Erfindungen vorliegen, and 2. es muß wirtschaftlich möglich sein, sie praktisch anzuwenden. Es würde natürlich ein Fehler sein, das Schöpferische der wissenschaftlich-technischen Entdeckungen and Erfindungen zu leugnen. Vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus war es aber ein noch größerer Irrtum, zu meinen, daß Richtung and Intensität dieser Entdeckungen and Erfindungen ganz zufällig waren; weit wahrscheinlicher ist es, daß diese Richtung and Intensität eine Funktion der Anforderungen der praktischen Wirklichkeit und der vorausgegangenen Entwicklung von Wissenschaft und Technik sind. Indessen genügt es zu einer wirklichen Änderung der Produktionstechnik nicht, daß wissenschaftlich-technische Erfindungen vorliegen; diese können unwirksam bleiben, solange die ökonomischen Vorbedingungen zu ihrer Anwendung fehlen: Das zeigt das Beispiel der wissenschaftlich-technischen Erfindungen im 17. Jahrhundert and im Anfang des 18. Jahrhunderts, welche erst in der industriellen. Revolution am . Ende des 18. Jahrhunderts zur Anwendung im großen gelangten. Wenn dem aber so ist, so ist der Annahme, daß die Veränderungen der Technik zufälligen Charakters seien und nicht aus der wirtschaftlichen Entwicklung selbst entspringen, offenbar der Boden entzogen. Oben haben wir gesehen, daß die Entwicklung der Technik selbst in den Rhythmus der langen Wellen eingefügt ist.
2. Kriege und Revolutionen müssen ebenso den Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung schr stark beeinflussen. Aber Kriege and Revolutionen fallen nicht vom Himmel and entspringen nicht der Willkür einzelner Persönlichkeiten. Sie entstehen auf dem Boden der realen, vor allem der ökonomischen Verhältnisse. Nimmt man an, daß Kriege and Revolutionen von außen her der ökonomischen Dynamik den Anstoß zu den großen Zyklen geben, so erhebt sich die Frage, weshalb sie denn selbst regelmäßig, in bestimmten Zeitabständen aufeinander folgen and zwar gerade wahrend des Anstiegs der langen Wellen auftreten. Viel mehr Wahrscheinlichkeit hat die Annahme für sich, daß den Kriegen selbst die Erhöhung des Tempos and der Anspannung des Wirtschaftslebens, der verschärfte wirtschaftliche Kampf um Markte and Rohstoffe zugrunde liegen, and daß auch soziale Erschütterungen am leichtesten gerade unter stürmischem Druck neuer wirtschaftlicher Kräfte entstehen.
Somit lassen sich auch die Kriege and die sozialen Erschütterungen in den Rhythmus der langen Wellen einfugen and erweisen sich nicht als die Kräfte, von denen diese Bewegungen ausgehen, sondern als eine ihrer Erscheinungsformen. Aber einmal Wirklichkeit geworden, üben sie natürlich auf das Tempo and die Richtung der ökonomischen Dynamik einen starken Einfluß aus.
3. Was die Einbeziehung von Neuländern in die W e l t w i r t s c h a f t angeht, so scheint es uns ganz offensichtlich zu sein, daß diese nicht als der äußere Faktor gelten kann, welcher die Entstehung der langen Wellen in der Dynamik des Wirtschaftslebens befriedigend zu erklären 'vermöchte. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren verhältnismäßig schon sehr lange bekannt - in die Weltwirtschaft beginnen sie aber aus irgendwelchen Gründen erst seit der Mitte des ig. Jahrhunderts stärker verflochten zu werden. Ebenso sind Argentinien and Canada, Australien und Neuseeland nicht erst am Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt worden, und doch setzt für sie eine stärkere weltwirtschaftliche Verflechtung erst seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein. Es ist völlig klar, daß im kapitalistischen Wirtschaftssystem neue Gebiete geschichtlich gerade in denjenigen Perioden in den Verkehr-einbezogen werden, in welchen das Bedürfnis der alten Kulturländer nach neuen Absatz- und Rohstoffmärkten dringlicher wird. Ebenfalls ist völlig klar, daß die Grenzen dieser Ausweitung der Weltwirtschaft durch das Maß dieses Bedürfnisses bestimmt werden. Wenn dem aber so ist, so gibt offenbar nicht die Einbeziehung neuer Gebiete den Anstoß zum Ansteigen der langen Wellen in der Konjunktur, sondern umgekehrt macht ein neuer Aufschwung, indem er das Tempo der wirtschaftlichen Dynamik der kapitalistischen Länder beschleunigt, die Ausnutzung neuer Länder, neuer Absatz- and Rohstoffmärkte notwendig und möglich.
4. Es bleibt noch zu erörtern, ob als von außen hinzutretendes, zufälliges Moment, das die langen Wellen der Konjunktur hervorruft, die Entdeckung neuer Goldfelder, die
Vergrößerung der Goldgewinnung und eine dadurch entstehende G o 1 d v e r m e h r u n g gelten könne … Aus dem Obigen darf man, wie es uns scheint, schließen, dass die Goldgewinnung, wenn ihr Wachsen auch die Voraussetzung einer Warenpreissteigerung und eine Hebung der Konjunktur sein kann, doch ihrerseits dem Rhythmus der langen Wellen untergeordnet ist und folglich nicht als Ursache und zufälliger Faktor, der von außen her diese Bewegungen hervorruft, gelten kann" (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 591-593).
"Trotzdem der statistisch-mathematischen Bearbeitung der ausgewählten Reihen so verwickelt ist, können die aufgefundenen Zyklen doch nicht als zufälliges Ergebnis der angewandten Methoden gelten. Dagegen spricht entschieden, daß diese Wellen mit ungefähr denselben Perioden in allen wichtigeren der untersuchten Elemente aufgezeigt wurden". Und weiter, "die (...) festgestellten langen Wellen der wichtigsten Elemente des Wirtschaftslebens sind international, und zwar stimmen die Perioden dieser Zyklen für die europäischen kapitalistischen Länder recht gut überein" (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 590).
„ … in Anbetracht der oben entwickelten positiven Gründe bezeichnen wir auf Grund der verfügbaren Daten das Vorhandensein langer zyklischer Wellen der Konjunktur als sehr wahrscheinlich. Zugleich glauben wir auf Grund unserer Darlegungen sagen zu dürfen, dass die langen Wellen, wenn existent, eine sehr wichtige und wesentliche Tatsache der ökonomischen Dynamik darstellen, eine Tatsache, deren Auswirkungen in allen Hauptgebieten des sozialen und ökonomischen Lebens zu finden sind.
Gibt man das Vorhandensein der langen Wellen zu, so darf man doch selbstverständlich nicht meinen, dass die ökonomische Dynamik bloß aus Schwankungen um ein bestimmtes Niveau bestehe. Sie stellt zweifellos einen Entwicklungsprozeß dar, aber diese Entwicklung geht offenbar nicht nur durch mittlere Wellen, sondern zugleich auch durch lange. Das Problem der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung ist hier nicht zu erörtern.
Indem wir das Vorhandensein langer Wellen behaupten und ihre Entstehung aus zufälligen Ursachen bestreiten, meinen wir zugleich, dass der langen Wellen Ursachen entspringen, die im Wesen der kapitalistischen Wirtschaft liegen. Das führt natürlich zu der Frage, welcher Art denn diese Ursachen sind. … Jedoch war es nicht beabsichtigt, in der vorliegenden Skizze mit dem Aufbau einer eigentlichen Theorie der klangen Wellen zu beginnen“ (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 599).
Ausgewählte Literaturhinweise:
Garvy, G., 1943: Kondratieff’s Theory of Long Cycles, in: Review of Economic Statistics, Bd. 25.
Spree, R., 1991: Lange Wellen wirtschaftlicher Entwicklung in der Neuzeit. Historical Social Research/Historische Sozialforschung, Supplement/Beiheft No. 4. Köln: Zentrum für Historische Sozialforschung.
Vasko, T. (Hrsg.), 1987: The Long Wave Debate. Berlin u.a.: Springer.
Weinstock, U., 1964: Das Problem der Kondratieff-Zyklen. Eine Beitrag zur Entwicklung einer Theorie der „langen Wellen“ und ihre Bedeutung. Berlin/München: Duncker & Humblot.
Die Theorie der „Langen Wellen“ gewinnt gegenwärtig wieder größere Beachtung. Insbesondere unter wirtschaftlichen Aspekten soll damit versucht werden, die Entwicklungstendenzen der nächsten Jahrzehnte abzuschätzen. Bereits Anfang dieses Jahrhunderts wurde versucht, durch die Analyse des bestehenden Datenmaterials über Warenpreise, Lohnniveaus, Zinsentwicklung etc. die Existenz von Konjunkturzyklen mit einer Zeitspanne von 47-60 Jahren im wirtschaftlichen Entwicklungsprozess nachzuweisen
Das Phänomen der langen Wellen der Konjunktur wurde in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts von dem russischen Wissenschaftler Nikolai Kondratieff entdeckt und beschrieben. Er veröffentlichte seine Erkenntnisse 1926 in der deutschen Fachzeitschrift “Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik" unter dem Titel “Die langen Wellen der Konjunktur”. Darin wies er darauf hin, dass die wirtschaftliche Entwicklung Westeuropas und der USA nicht nur durch kurze und mittlere Konjunkturschwankungen gekennzeichnet sei, sondern auch durch die bis zu diesem Zeitpunkt nicht beachtete langen Phasen von Prosperität und Rezession. Solche lange Konjunkturwellen, die später auch als „Kondratieffzyklen“ bezeichnet wurden, hatten nach seinen Feststellungen eine Dauer von 45 - 60 Jahren. Sie wurden durch Basisinnovationen ausgelöst, die grundlegende Änderungen in der Produktion, der Arbeitsorganisation und der gesellschaftlichen Ordnung erforderlich machten und einen boomartigen Produktivitätsschub und Wohlstandszuwachs ermöglichten. Kondratieff stellte fest, dass die von ihm analysierten langen Konjunkturzyklen mehr waren als ein zeitlich gestreckter Konjunkturzyklus, vielmehr erkannte er in ihnen einen Reorganisationsprozess der gesamten Gesellschaft, mit dem Knappheitsfelder durch neue Produkte und Dienstleistungen erschlossen wurden.
„Der Gedanke, dass die Dynamik des Wirtschaftslebens in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung nicht einfachen und linearen, sondern komplexen und zyklischen Charakters ist, kann heute als allgemein anerkannt gelten. Die Wissenschaft ist jedoch noch weit davon entfernt, das Wesen und die Typen dieser zyklischen, wellenförmigen Bewegungen geklärt zu haben“ (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 573). Die Existenz der 7-11jährigen Zyklen der kapitalistischen Wirtschaft sieht Kondratieff als bewiesen an; diese Bewegungen interessieren ihn hier nicht. Er beschränkt daher sein Thema bewusst auf die Erörterung der „langen Wellen und auch die mit diesem verknüpften Fragen nicht in vollem umfang“ (Kondratieff, a.a.O., S. 574). Ziel der Arbeit von Kondratieff ist es festzustellen, „ob es lange Wellen gibt, und wenn ja, worin sie sich äußern“ (Kondratieff, a.a.O., S. 575). Dabei beschränkt er sich auf die Zeit seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, da zuverlässige Daten nicht weiter zurückreichen.
Bei seiner Untersuchung stand fast ausschließlich die Analyse der vorhandenen statistischen und deskriptiven Daten für die Länder Deutschland, Frankreich, England und die Vereinigten Staaten im Vordergrund. Methodisch geht Kondratieff so vor, dass er alle Elemente der ökonomischen Wirklichkeit nach dem Charakter ihrer Dynamik in zwei Gruppen einteilt. Die werthaften Elemente (das sind Preise) enthalten keinen Trend innerhalb des Beobachtungszeitraumes. Zu ihrer Analyse genügen daher „elementare statistische Methoden“ (Kondratieff, a.a.O., S. 575). Die Elemente der zweiten Gruppe gliedern sich dreifach: rein werthafte Elemente wie Kapitalzins, Arbeitslohn, Bankeinlagen; Elemente gemischten Charakters wie Wert des Außenhandels; und schließlich naturale Elemente wie Produktion und Verbrauch. Gemeinsam ist dieser zweiten Gruppe von Elementen, „daß sie, organisch mit der allgemeinen Veränderung des Umfangs des ökonomischen Lebens der Gesellschaft verbunden, in ihrer Dynamik neben Schwankungsvorgängen auch eine allgemeine Tendenz von einer bestimmten Richtung – in der Regel nach oben – bekunden“ (Kondratieff, a.a.O., S. 575). Zeitreihen aus den nachstehenden Bereichen dienten seiner Untersuchung als empirische Grundlage: das mittlere Niveau der Warenpreise, der Kapitalzins, der Lohn, die Umsätze im Außenhandel, die Erzeugung und der Verbrauch von Kohle und die Roheisen- und Bleigewinnung.
Kondratieff stellt sich die Frage, ob und inwieweit er die Existenz langer Wellen überzeugend nachgewiesen hat, ob die statistischen Untersuchungen und die daraus gezogenen Schlüsse auf die Datierung der Zyklen von langer Dauer es rechtfertigen, von Langen Wellen zu sprechen. Lange Wellen bedeuten hierbei, „daß die Bewegung ein bestimmtes Verlaufsbild zeigt, das wir als Wellenlinie charakterisieren können. Und man will ferner damit sagen, dass dieser Verlauf nicht zufällig, sondern notwendig bestimmt ist …“ (Jöhr, W.A., 1953: Die Konjunkturschwankungen. Tübingen/Zürich, S. 51). Den untersuchten Zeitraum von 140 Jahren, das sind nach Kondratieff 1 ½ Zyklen, hät er für den Nachweis langer Wellen ohne Frage für ausrecichend; er schränkt nur ein, dass es nicht genüge, „um mit voller Sicherheit das Zyklische dieser Wellen behaupten zu können. Immerhin halten wir die vorhandenen Daten für ausreichend, um diesen zyklischen Charakter für sehr wahrscheinlich zu erklären“ (Kondratieff, a.a.O., S. 592). Mittlere Wellen, deren Existenz unbestritten ist, weisen eine Schwankungsbreite zwischen 7 und 11c Jahren auf. Bei den langen Wellen kommt Kondratieff hingegen zu einem Spielraum zwischen 48 und 60 Jahren.
Das Ergebnis der statistischen Bemühungen Kondratieffs ist die Datierung der bisher beobachteten drei langen Wellen:
Erste lange Welle: Der Anstieg dauert vom Ende der 80er Jahre oder vom Anfang der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts bis 1810 - 1817. Der Abstieg dauert von 1810 - 1817 bis 1844 - 1851.
Zweite lange Welle: Der Anstieg dauert von 1844 - 1851 bis 1870 - 1875. Der Abstieg dauert von 1870 - 1875 bis 1890 - 1896.
Dritte lange Welle: Der Anstieg dauert von 1890 - 1896 bis 1914 – 1920. Der Abstieg beginnt w a h r s c h e i n l i c h 1914 – 1920.
Der erste Kondratieffzyklus begann Mitte des 18. Jahrhunderts und lief Mitte den 19. Jahrhunderts aus (Höhepunkt ca. 1800 bis ca. 1850). Er markierte den Übergang von der Agrargesellschaft in die Industriegesellschaft. Ausgelöst und getragen wurde er durch die Erfindung der Dampfmaschine, der Fabrik und grundlegenden Neuerungen in der Textilindustrie (Handwebstuhl und Spinnmaschinen). Durch diese Innovation wurde es möglich, die Produktion von Garnen, Tüchern, Stickereien und Bekleidung vom Handwerk, Heimarbeit und Manufaktur zur wesentlich produktiveren Fabrikarbeit zu verlagern und nach und nach zur industriellen Massenproduktion überzugehen. Eine neue soziale Klasse entstand, der Arbeiter. In ihrem Gefolge kam es zur Konzentration der Arbeit in Fabriken und zum Wachstum der Städte und der städtischen Infrastruktur.
Der zweite Kondratieffzyklus war die große Zeit des Stahls (Höhepunkt ca. 1850 bis ca. 1900). Die entstandenen Fabriken konnten ihre Produktion nur ausweiten mit der Erfindung der Eisenbahn und des Stahlschiffes. Außer Lokomotiven, Gleisen und Bahnhöfen konnten nun auch Schiffe, Brücken, Häuser und große Mengen verschiedenster Maschinen, Werkzeuge, Waffen und Verbrauchsgüter aus Stahl hergestellt werden.
Im dritten Kondratieffzyklus (Höhepunkt ca. 1900 bis ca. 1950) reorganisierte sich die Gesellschaft, um das Potential der elektrischen und chemischen Energie in unzähligen neuen Produkten zu nutzen. Elektrizität und Chemie wurden zu den Trägern des Wandels. Dieser Zyklus war von wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig. Genauere Kenntnisse über den Aufbau der Materie und der Elektrodynamik wurden notwendig. Ein Massenkonsum mit elektrischen und chemischen Erzeugnissen von bislang ungeahnten Ausmaßen setzte ein, die Produktionstechnik wurde fast vollständig auf elektrische Energie umgestellt. Deutschland und die USA wurden durch die führende Stellung in Elektrotechnik und Chemie zu Großmächten.
In der Auseinandersetzung mit seinen Kritikern, die die langen Wellen als „durch zufällige, von außen hinzutretende Verhältnisse und Ereignisse bedingt“ ansehen wollen, sucht Kondratieff nachzuweisen, „dass sie die Kausalzusammenhänge umkehren und die Folge für die Ursache nehmen oder dort eine Zufälligkeit sehen, wo eine Gesetzmäßigkeit vorliegt„ (Kondratieff, a.a.O., S. 593). Nacheinander greift er die Änderungen in der Technik, Kriege und Revolutionen, die Einbeziehung von neuen Ländern in die Weltwirtschaft, die Vermehrung der Goldproduktion als mögliche Erklärung für die langen Wellen auf.
„Zu diesen Schlussfolgerungen führte uns die Untersuchung statistischer Reihen, welche die Bewegung der kapitalistischen Wirtschaft charakterisieren. Andererseits bestätigen die geschichtlichen Materialien zur Entwicklung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens überhaupt die These der langen Wellen. Wir können und werden in eine Analyse dieser Materialien hier nicht eintreten. Jedoch mögen einige allgemeine Sätze, zu denen wir gelangt sind, das Auftreten der langen Wellen charakterisieren und ihre Bedeutung für die soziale and ökonomische Entwicklung andeuten.
1. Die langen Wellen sind uns real in demselben umfassen den dynamischen Prozesse gegeben, in welchem auch die mittleren Zyklen der kapitalistischen Wirtschaft mit ihren Hauptphasen des Aufschwungs and der Depression verlaufen. Indessen erhalten diese mittleren Zyklen durch das Vorhandensein der langen Wellen ein bestimmtes Gepräge. Die Untersuchung zeigt, daß während des Anstiegs der langen Wellen die Jahre des Aufschwungs der mittleren Zyklen and während des Absinkens die Jahre der Depression regelmäßig vorwiegen.
2. Während des Absinkens der langen Wellen macht die Landwirtschaft in der Regel eine besonders scharf ausgesprochene, lang anhaltende Depression durch. So war es nach den Napoleonischen Kriegen; so war es vom Anfang der 7oer Jahre des 19. Jahrhunderts ab; dasselbe ist auch nach dem Weltkriege zu beobachten.
3. Während des Absinkens der langen Wellen werden besonders viele wichtige Entdeckungen and Erfindungen in der Produktions- and Verkehrstechnik gemacht, die jedoch gewöhnlich erst beim Beginn des neuen langen Anstiegs im großen auf die wirtschaftliche Praxis angewandt zu werden pflegen.
4. Im Beginn der langen Aufstiege pflegt die Goldgewinnung zu wachsen and der Weltmarkt durch stärkere Einbeziehung von Neu- und. besonders von Kolonialländern ausgedehnt zu werden.
5. In die Zeit des Ansteigens der langen Wellen, d. h. der Hochspannung im Wachstum des Wirtschaftslebens. fallen in der Regel die meisten und größten kriegerischen and inneren sozialen Erschütterungen.
Wir betonen, daß wir diesen Regelmäßigkeiten nur e m p i r i s c h e n Charakter beilegen and daß wir keineswegs meinen, in ihnen läge eine Erklärung der langen Wellen.
XII. Kann das Vorhandensein großer Zyklen in der Dynamik der kapitalistischen Wirtschaft auf Grund der vorauf gegangenen Darlegungen als bewiesen gelten? Die einschlägigen Daten, die wir anführen konnten, umfassen an 140 Jahre. Auf diesen Zeitraum kommen nur 21/2 Zyklen. Wenn schon der unserer Untersuchung zugängliche Zeitabschnitt zur Entscheidung der Frage, ob es lange Konjunkturwellen gibt, auch genügt, so reicht er doch nicht aus, um mit voller Sicherheit das Zyklische dieser Wellen behaupten zu können. Immerhin halten wir die vorhandenen Daten für ausreichend, um diesen zyklischen Charakter für sehr wahrscheinlich zu erklären.
Zu dieser Behauptung führt uns nicht nur die Betrachtung des oben beigebrachten faktischen Materials, sondern auch die Tatsache, daß die Einwände gegen diese Annahme, daß die langen Wellen in der kapitalistischen Dynamik zyklischen Charakter haben, wenig überzeugend sind.
Man weist darauf hin, daß den langen Wellen jene Regelmäßigkeit abgehe, welche die mit den Krisen zusammenhängenden mittleren industriell-kapitalistischen Wellen aufweisen. Aber deco ist nicht so. Versteht man unter »Regelmäßigkeit« die W i e d e rh o 1 u n g in r e g e l m ä ß i g e n Zeitabständen, so kann man sie den langen Wellen ebenso wenig absprechen wie den mittleren. Eine s t r e n g e Periodizität gibt es in den sozialen and ökonomischen Erscheinungen überhaupt nicht auch nicht in den mittleren Wellen. Deren Länge schwankt wenigstens zwischen 7 and ii Jahren, d. h. um 57%. Bei den großen Zyklen, die zu beobachten sind, schwankt die Dauer zwischen 48 and 60 Jahren, d. h. nur um 25%.
Versteht man unter Regelmäßigkeit die Gleichartigkeit and Gleichzeitigkeit der Schwankung bei den verschiedenen E l e m e n t e n des Wirtschaftslebens, so ist sie bei den langen Wellen im gleichen Grade wie bei den mittleren vorhanden. Versteht man schließlich unter Regelmäßigkeit die Tatsache, daß die mittleren Wellen international auftreten, so unterscheiden sich die langen Wellen hierin nicht von ihnen.
Somit gibt es in den langen Wellen nicht weniger Regelmäßigkeit als in den mittleren, and wenn wir diese als zyklisch bezeichnen wollen, so brauchen wir auch jenen dieses Merkmal nicht abzusprechen.
Man weist weiter darauf hin, daß die langen Wellen - anders als die mittleren : welche inneren Ursachen der Dynamik der kapitalistischen Wirtschaft entspringen - durch zufällige, von außen hinzutretende Verhältnisse und Ereignisse bedingt sind, z. B. 1. durch Veränderungen der Technik, 2. durch Kriege and Revolutionen, 3. durch die Einbeziehung von Neuländern in die Weltwirtschaft and 4. durch Schwankungen der Goldgewinnung.
Diese Erwägungen sind sehr wesentlich. Aber auch sie sind nicht stichhaltig. Ihre Schwäche ist, daß sie den Kausalzusammenhang umkehren and die Folge für die Ursache nehmen oder dort eine Zufälligkeit sehen, wo eine Gesetzmäßigkeit vorliegt. Wir haben oben bewußt der Feststellung einiger empirischer Regeln für den Verlauf der langen Wellen einige Worte gewidmet. Diese Regelmäßigkeiten helfen uns jetzt, den eben angeführten Einwand richtig zu würdigen.
1. Änderungen in der Technik üben auf den Gang der kapitalistischen Dynamik unstreitig einen mächtigen Einfluß aus. Aber niemand hat bewiesen, daß diese Änderungen der Technik zufälligen and äußeren Ursprunges sind.
Änderungen auf dem Gebiete der Produktionstechnik haben zwei Voraussetzungen: 1. es müssen die entsprechenden wissenschaftlich-technischen Entdeckungen and Erfindungen vorliegen, and 2. es muß wirtschaftlich möglich sein, sie praktisch anzuwenden. Es würde natürlich ein Fehler sein, das Schöpferische der wissenschaftlich-technischen Entdeckungen and Erfindungen zu leugnen. Vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus war es aber ein noch größerer Irrtum, zu meinen, daß Richtung and Intensität dieser Entdeckungen and Erfindungen ganz zufällig waren; weit wahrscheinlicher ist es, daß diese Richtung and Intensität eine Funktion der Anforderungen der praktischen Wirklichkeit und der vorausgegangenen Entwicklung von Wissenschaft und Technik sind. Indessen genügt es zu einer wirklichen Änderung der Produktionstechnik nicht, daß wissenschaftlich-technische Erfindungen vorliegen; diese können unwirksam bleiben, solange die ökonomischen Vorbedingungen zu ihrer Anwendung fehlen: Das zeigt das Beispiel der wissenschaftlich-technischen Erfindungen im 17. Jahrhundert and im Anfang des 18. Jahrhunderts, welche erst in der industriellen. Revolution am . Ende des 18. Jahrhunderts zur Anwendung im großen gelangten. Wenn dem aber so ist, so ist der Annahme, daß die Veränderungen der Technik zufälligen Charakters seien und nicht aus der wirtschaftlichen Entwicklung selbst entspringen, offenbar der Boden entzogen. Oben haben wir gesehen, daß die Entwicklung der Technik selbst in den Rhythmus der langen Wellen eingefügt ist.
2. Kriege und Revolutionen müssen ebenso den Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung schr stark beeinflussen. Aber Kriege and Revolutionen fallen nicht vom Himmel and entspringen nicht der Willkür einzelner Persönlichkeiten. Sie entstehen auf dem Boden der realen, vor allem der ökonomischen Verhältnisse. Nimmt man an, daß Kriege and Revolutionen von außen her der ökonomischen Dynamik den Anstoß zu den großen Zyklen geben, so erhebt sich die Frage, weshalb sie denn selbst regelmäßig, in bestimmten Zeitabständen aufeinander folgen and zwar gerade wahrend des Anstiegs der langen Wellen auftreten. Viel mehr Wahrscheinlichkeit hat die Annahme für sich, daß den Kriegen selbst die Erhöhung des Tempos and der Anspannung des Wirtschaftslebens, der verschärfte wirtschaftliche Kampf um Markte and Rohstoffe zugrunde liegen, and daß auch soziale Erschütterungen am leichtesten gerade unter stürmischem Druck neuer wirtschaftlicher Kräfte entstehen.
Somit lassen sich auch die Kriege and die sozialen Erschütterungen in den Rhythmus der langen Wellen einfugen and erweisen sich nicht als die Kräfte, von denen diese Bewegungen ausgehen, sondern als eine ihrer Erscheinungsformen. Aber einmal Wirklichkeit geworden, üben sie natürlich auf das Tempo and die Richtung der ökonomischen Dynamik einen starken Einfluß aus.
3. Was die Einbeziehung von Neuländern in die W e l t w i r t s c h a f t angeht, so scheint es uns ganz offensichtlich zu sein, daß diese nicht als der äußere Faktor gelten kann, welcher die Entstehung der langen Wellen in der Dynamik des Wirtschaftslebens befriedigend zu erklären 'vermöchte. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren verhältnismäßig schon sehr lange bekannt - in die Weltwirtschaft beginnen sie aber aus irgendwelchen Gründen erst seit der Mitte des ig. Jahrhunderts stärker verflochten zu werden. Ebenso sind Argentinien and Canada, Australien und Neuseeland nicht erst am Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt worden, und doch setzt für sie eine stärkere weltwirtschaftliche Verflechtung erst seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein. Es ist völlig klar, daß im kapitalistischen Wirtschaftssystem neue Gebiete geschichtlich gerade in denjenigen Perioden in den Verkehr-einbezogen werden, in welchen das Bedürfnis der alten Kulturländer nach neuen Absatz- und Rohstoffmärkten dringlicher wird. Ebenfalls ist völlig klar, daß die Grenzen dieser Ausweitung der Weltwirtschaft durch das Maß dieses Bedürfnisses bestimmt werden. Wenn dem aber so ist, so gibt offenbar nicht die Einbeziehung neuer Gebiete den Anstoß zum Ansteigen der langen Wellen in der Konjunktur, sondern umgekehrt macht ein neuer Aufschwung, indem er das Tempo der wirtschaftlichen Dynamik der kapitalistischen Länder beschleunigt, die Ausnutzung neuer Länder, neuer Absatz- and Rohstoffmärkte notwendig und möglich.
4. Es bleibt noch zu erörtern, ob als von außen hinzutretendes, zufälliges Moment, das die langen Wellen der Konjunktur hervorruft, die Entdeckung neuer Goldfelder, die
Vergrößerung der Goldgewinnung und eine dadurch entstehende G o 1 d v e r m e h r u n g gelten könne … Aus dem Obigen darf man, wie es uns scheint, schließen, dass die Goldgewinnung, wenn ihr Wachsen auch die Voraussetzung einer Warenpreissteigerung und eine Hebung der Konjunktur sein kann, doch ihrerseits dem Rhythmus der langen Wellen untergeordnet ist und folglich nicht als Ursache und zufälliger Faktor, der von außen her diese Bewegungen hervorruft, gelten kann" (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 591-593).
"Trotzdem der statistisch-mathematischen Bearbeitung der ausgewählten Reihen so verwickelt ist, können die aufgefundenen Zyklen doch nicht als zufälliges Ergebnis der angewandten Methoden gelten. Dagegen spricht entschieden, daß diese Wellen mit ungefähr denselben Perioden in allen wichtigeren der untersuchten Elemente aufgezeigt wurden". Und weiter, "die (...) festgestellten langen Wellen der wichtigsten Elemente des Wirtschaftslebens sind international, und zwar stimmen die Perioden dieser Zyklen für die europäischen kapitalistischen Länder recht gut überein" (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 590).
„ … in Anbetracht der oben entwickelten positiven Gründe bezeichnen wir auf Grund der verfügbaren Daten das Vorhandensein langer zyklischer Wellen der Konjunktur als sehr wahrscheinlich. Zugleich glauben wir auf Grund unserer Darlegungen sagen zu dürfen, dass die langen Wellen, wenn existent, eine sehr wichtige und wesentliche Tatsache der ökonomischen Dynamik darstellen, eine Tatsache, deren Auswirkungen in allen Hauptgebieten des sozialen und ökonomischen Lebens zu finden sind.
Gibt man das Vorhandensein der langen Wellen zu, so darf man doch selbstverständlich nicht meinen, dass die ökonomische Dynamik bloß aus Schwankungen um ein bestimmtes Niveau bestehe. Sie stellt zweifellos einen Entwicklungsprozeß dar, aber diese Entwicklung geht offenbar nicht nur durch mittlere Wellen, sondern zugleich auch durch lange. Das Problem der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung ist hier nicht zu erörtern.
Indem wir das Vorhandensein langer Wellen behaupten und ihre Entstehung aus zufälligen Ursachen bestreiten, meinen wir zugleich, dass der langen Wellen Ursachen entspringen, die im Wesen der kapitalistischen Wirtschaft liegen. Das führt natürlich zu der Frage, welcher Art denn diese Ursachen sind. … Jedoch war es nicht beabsichtigt, in der vorliegenden Skizze mit dem Aufbau einer eigentlichen Theorie der klangen Wellen zu beginnen“ (Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 599).
Ausgewählte Literaturhinweise:
Garvy, G., 1943: Kondratieff’s Theory of Long Cycles, in: Review of Economic Statistics, Bd. 25.
Spree, R., 1991: Lange Wellen wirtschaftlicher Entwicklung in der Neuzeit. Historical Social Research/Historische Sozialforschung, Supplement/Beiheft No. 4. Köln: Zentrum für Historische Sozialforschung.
Vasko, T. (Hrsg.), 1987: The Long Wave Debate. Berlin u.a.: Springer.
Weinstock, U., 1964: Das Problem der Kondratieff-Zyklen. Eine Beitrag zur Entwicklung einer Theorie der „langen Wellen“ und ihre Bedeutung. Berlin/München: Duncker & Humblot.
Methodologie
Untersuchungsgebiet:
England, Frankreich, Vereinigte Staaten; 18. und 19. Jahrhundert.
England, Frankreich, Vereinigte Staaten; 18. und 19. Jahrhundert.
Quellentypen:
Daten der amtlichen Statistik, aus ausgewählten wiss. Publikationen.
Daten der amtlichen Statistik, aus ausgewählten wiss. Publikationen.
Mehr
Verwendete Quellen (ausführliches Verzeichnis):
1. Das mittlere Niveau der Warenpreise.
Den mittleren Preisabstand misst man mit Hilfe der Indexzahlen. Für Frankreich liegt ein Preisindex erst seit dem Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts vor, für England und die Vereinigten Staaten von Amerika dagegen schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Frankreich:
„Annuaire statistique“ für das Jahr 1922 (S. 341); die Indexzahl ist über den Dollarkurs auf Gold umgerechnet.
England:
Für die Zeit von 1782-1865 gibt es den Index Jevons’ und für die Zeit von 1779-1850 eine neue Indexzahl, die Silberling berechnet und in der „Review of Economic Statistics“ (Bd. V, Oktober 1923) veröffentlicht hat; für die Zeit seit 1846 haben wir den Index Sauerbecks, der gegenwärtig vom „Statist“ weitergeführt wird. Da Silberlings Index auf vollständigeren Angaben über die Preise der einzelnen Waren beruht als der Jevons’, haben wir uns für die Zeit von 1780-1846 eben des ersteren bedient. Für die Zeit von 1846 benutzen wir die Sauerbecksche Indexzahl. Beide Zahlen sind aufgrund ihres Verhältnisses in der Zeit von 1846-1850, für welchen Zeitraum sie auch vorliegen, auf das gleiche Niveau gebracht und aneinander angeschlossen; dann ist die Zahlenreihe, die sich so ergeben hat, auf die Basis 1901-1910 umgerechnet. Für die Zeit von 1801-1820 und seit 1914, wo in England Papierwährung herrschte, sind die Indexzahlen in Gold umgerechnet worden.
Vereinigte Staaten von Amerika:
Für die Zeit von 1791-1801 H.V. Roelse („Bulletin of the American Statistical Association“, Dez. 1917), 1801-1825 Al. H. Hansen (ebenda, Dez. 1915), 1825-1839 C.H. Juergens (ebenda, Juni 1911), 1840-1890 Falkner (Report by Mr. Aldrich from the Committee on Finance, 3. März 1893) und seit 1890 dem Bureau of Labor Statistics. Alle Indexzahlen sind auf der Basis 1901 bis 1910 bezogen. Für die Zeit der Papierwährung (1882-1878) sind sie auf Gold umgerechnet. Alle Daten sind dem „Annuaire statistique“ für das Jahr 1922 entnommen.
2. Der Kapitalzins (Kurs der festverzinslichen Wertpapiere):
Die Bewegung des Kapitalzinses lässt sich am bequemsten aus der Bewegung des Diskontsatzes und des Kurses der festverzinslichen Wertpapiere ersehen. Da letzterer weniger von zufälligen Schwankungen abhängt und den Einfluß länger wirkender Faktoren besser widerspiegelt, so benutzen wir hier nur die Angaben über den Kurs der Staatspapiere.
Frankreich:
Bis zum Jahre 1825 den Kurs der 5%igen Rente, von da ab den der 3%igen. Um den Anschluß zwischen den Reihen der Angaben über die beiden Papiere herzustellen, haben wir sie vorher in relative Größen verwandelt, wobei wir den Zeitraum von 1825-1830 als Basis für jede der beiden Reihen genommen und dann beide Indexzahlen aneinander angeschlossen haben. Ferner wurde die aneinander gefügte Reihe der relativen Werte für die Rentenkurse, um sie mit der Preiskurve vergleichbar zu machen, auf die Basis 1901-1900 umgerechnet. Die ursprünglichen Daten haben wir dem „Annuaire statistique“ für das Jahr 1922 entnommen.
England:
Nach den Daten W. Peges („Commerce and industry“, Bd. II, London 1919, Statistical tables, S. 224-225). Die Daten sind in relative Größen umgerechnet. Als Basis dienen die Angaben für 1901-1910.
3. Der Lohn (der Arbeitslohn in England)
Untersucht werden die Veränderungen des Nominallohnes an dem Beispiel des Wochenlohnes der englischen Baumwollarbeiter seit 1806 und der englischen Landarbeiter seit 1789. Da die Daten über den Lohn der Landarbeiter bis zu den 50er Jahren in Bowleys Zusammenstellung nur in relativen Zahlen mit 1892 als Basisjahr aufgeführt werden, so haben wir auch die anderen statistischen Angaben über den Arbeitslohn in England in die Form einer Indexzahl mit dem Basisjahr 1892 gebracht. Alle Daten lauten auf Goldwährung.
Für die Zeit von 1806 – 1906 benutzen wir die Daten aus G.H. Woods Werk „The history of wages in the cotton trade“, London 1910, S. 127. Seit dem Jahre 1906 sind die Daten auf Grund des „Abstract of labour statistics“ fortgeführt.
Für die Zeit von 1779 – 1896 benutzen wir die Daten A.L. Bowleys („the statistics of wages in the United Kingdom during the last hundred years. Part. IV. Agricultural wages” in “Journal of the Royal Statistical Society” vom Sept. 1899, S. 555ff), von 1896 an die oben genannte Arbeit Peges. Die Daten beziehen sich auf England und Wales.
4. Die Umsätze im Außenhandel (Frankreich):
Nach dem „Annuaire statistique“ für das Jahr 1922.
5. Die Erzeugung und der Verbrauch von Kohle, die Roheisen- und die Bleigewinnung
Englische Kohlenerzeugung:
Nach den Daten W. Peges, a.a.O.
Französischer Kohlenverbrauch:
Nach dem „Annuaire statistique“ für die Jahre 1908 und 1922.
Englische Roheisen- und Bleigewinnung:
Nach „British and Foreign Trade and Industry“ und „Statistical Abstract“.
1. Das mittlere Niveau der Warenpreise.
Den mittleren Preisabstand misst man mit Hilfe der Indexzahlen. Für Frankreich liegt ein Preisindex erst seit dem Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts vor, für England und die Vereinigten Staaten von Amerika dagegen schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Frankreich:
„Annuaire statistique“ für das Jahr 1922 (S. 341); die Indexzahl ist über den Dollarkurs auf Gold umgerechnet.
England:
Für die Zeit von 1782-1865 gibt es den Index Jevons’ und für die Zeit von 1779-1850 eine neue Indexzahl, die Silberling berechnet und in der „Review of Economic Statistics“ (Bd. V, Oktober 1923) veröffentlicht hat; für die Zeit seit 1846 haben wir den Index Sauerbecks, der gegenwärtig vom „Statist“ weitergeführt wird. Da Silberlings Index auf vollständigeren Angaben über die Preise der einzelnen Waren beruht als der Jevons’, haben wir uns für die Zeit von 1780-1846 eben des ersteren bedient. Für die Zeit von 1846 benutzen wir die Sauerbecksche Indexzahl. Beide Zahlen sind aufgrund ihres Verhältnisses in der Zeit von 1846-1850, für welchen Zeitraum sie auch vorliegen, auf das gleiche Niveau gebracht und aneinander angeschlossen; dann ist die Zahlenreihe, die sich so ergeben hat, auf die Basis 1901-1910 umgerechnet. Für die Zeit von 1801-1820 und seit 1914, wo in England Papierwährung herrschte, sind die Indexzahlen in Gold umgerechnet worden.
Vereinigte Staaten von Amerika:
Für die Zeit von 1791-1801 H.V. Roelse („Bulletin of the American Statistical Association“, Dez. 1917), 1801-1825 Al. H. Hansen (ebenda, Dez. 1915), 1825-1839 C.H. Juergens (ebenda, Juni 1911), 1840-1890 Falkner (Report by Mr. Aldrich from the Committee on Finance, 3. März 1893) und seit 1890 dem Bureau of Labor Statistics. Alle Indexzahlen sind auf der Basis 1901 bis 1910 bezogen. Für die Zeit der Papierwährung (1882-1878) sind sie auf Gold umgerechnet. Alle Daten sind dem „Annuaire statistique“ für das Jahr 1922 entnommen.
2. Der Kapitalzins (Kurs der festverzinslichen Wertpapiere):
Die Bewegung des Kapitalzinses lässt sich am bequemsten aus der Bewegung des Diskontsatzes und des Kurses der festverzinslichen Wertpapiere ersehen. Da letzterer weniger von zufälligen Schwankungen abhängt und den Einfluß länger wirkender Faktoren besser widerspiegelt, so benutzen wir hier nur die Angaben über den Kurs der Staatspapiere.
Frankreich:
Bis zum Jahre 1825 den Kurs der 5%igen Rente, von da ab den der 3%igen. Um den Anschluß zwischen den Reihen der Angaben über die beiden Papiere herzustellen, haben wir sie vorher in relative Größen verwandelt, wobei wir den Zeitraum von 1825-1830 als Basis für jede der beiden Reihen genommen und dann beide Indexzahlen aneinander angeschlossen haben. Ferner wurde die aneinander gefügte Reihe der relativen Werte für die Rentenkurse, um sie mit der Preiskurve vergleichbar zu machen, auf die Basis 1901-1900 umgerechnet. Die ursprünglichen Daten haben wir dem „Annuaire statistique“ für das Jahr 1922 entnommen.
England:
Nach den Daten W. Peges („Commerce and industry“, Bd. II, London 1919, Statistical tables, S. 224-225). Die Daten sind in relative Größen umgerechnet. Als Basis dienen die Angaben für 1901-1910.
3. Der Lohn (der Arbeitslohn in England)
Untersucht werden die Veränderungen des Nominallohnes an dem Beispiel des Wochenlohnes der englischen Baumwollarbeiter seit 1806 und der englischen Landarbeiter seit 1789. Da die Daten über den Lohn der Landarbeiter bis zu den 50er Jahren in Bowleys Zusammenstellung nur in relativen Zahlen mit 1892 als Basisjahr aufgeführt werden, so haben wir auch die anderen statistischen Angaben über den Arbeitslohn in England in die Form einer Indexzahl mit dem Basisjahr 1892 gebracht. Alle Daten lauten auf Goldwährung.
Für die Zeit von 1806 – 1906 benutzen wir die Daten aus G.H. Woods Werk „The history of wages in the cotton trade“, London 1910, S. 127. Seit dem Jahre 1906 sind die Daten auf Grund des „Abstract of labour statistics“ fortgeführt.
Für die Zeit von 1779 – 1896 benutzen wir die Daten A.L. Bowleys („the statistics of wages in the United Kingdom during the last hundred years. Part. IV. Agricultural wages” in “Journal of the Royal Statistical Society” vom Sept. 1899, S. 555ff), von 1896 an die oben genannte Arbeit Peges. Die Daten beziehen sich auf England und Wales.
4. Die Umsätze im Außenhandel (Frankreich):
Nach dem „Annuaire statistique“ für das Jahr 1922.
5. Die Erzeugung und der Verbrauch von Kohle, die Roheisen- und die Bleigewinnung
Englische Kohlenerzeugung:
Nach den Daten W. Peges, a.a.O.
Französischer Kohlenverbrauch:
Nach dem „Annuaire statistique“ für die Jahre 1908 und 1922.
Englische Roheisen- und Bleigewinnung:
Nach „British and Foreign Trade and Industry“ und „Statistical Abstract“.
Mehr
Anmerkungen:
Methodik:
(Zitat aus: Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 575 - 577).
„Bevor wir die tatsächlichen Konjunkturschwankungen betrachten, schildern wir die Methode, nach der wir bei der Untersuchung der einzelnen ökonomischen Elemente verfahren sind.
Die Elemente der ökonomischen Wirklichkeit zerfallen dem Charakter ihrer Dynamik nach zunächst in zwei Gruppen. Für die Elemente der ersten Gruppe ist es charakteristisch, daß sie neben den Schwankungsvorgängen keine allgemeine Tendenz zum Steigen oder Fallen (secular trend) aufweisen oder daß diese Tendenz wenigstens im Beobachtungszeitraum kaum bemerkbar ist. Dahin gehören gewisse werthafte Elemente, z. B. die Waren preise. Wo wir statistische Angaben über die Dynamik von solchen Elementen zur Aufzeigung der langen Wellen aus werten, bedienen wir uns elementarer statistischer Methoden der Analyse. Für die Elemente der zweiten Gruppe - and dahin gehört die Mehrzahl - ist charakteristisch, daß sie, organisch mit der allgemeinen Veränderung des Umfanges des ökonomischen Lebens der Gesellschaft verbunden, in ihrer Dynamik neben Schwankungsvorgängen auch eine allgemeine Tendenz von einer bestimmten Richtung - in der Regel nach oben - bekunden. Dahin gehören a) gewisse rein werthafte Elemente, z. B. der Kapitalzins, der Arbeitslohn, die Bankeinlagen usw., b) Elemente gemischten Charakters, d. h. solche, auf welche die Veränderungen sowohl werthafter als auch naturaler Faktoren Einfluß haben, wie z. B. der in Werten ausgedrückte Umfang des Außenhandels, c) rein naturale Elemente, z. B. Angaben über die Produktion der verschiedenen Industriezweige und über den Verbrauch von gewissen Waren. Legt man der Untersuchung die statistischen Angaben über die Dynamik der Elemente dieser zweiten Gruppe in unbearbeiteter Gestalt zugrunde, so treten die Wellen entweder gar nicht oder nicht deutlich genug in die Erscheinung, and zwar bleiben nicht nur die langen, sondern bei den rein naturalen Elementen auch die anderen Wellen unsichtbar. Daher hatten wir hier kompliziertere Methoden der Verarbeitung statistischer Reihen anzuwenden, um das Vorhandensein oder das Nichtvorhandensein der langen Wellen aufzuzeigen.
Zunächst haben wir die Jahresgrößen dieser Reihen da, wo das Wesen der zu untersuchenden Erscheinung das zuließ, durch die Einwohnerzahl des Landes dividiert. Solche Daten wie die über den Kapitalzins und den Arbeitslohn wurden selbstverständlich nicht dividiert. Das geschah aus zwei Gründen: 1. weil wir so die Kurven, die das real* Wachstum der Gesellschaft ausdrücken, näher bestimmen, and 2. weil wir so bei den Ländern, die wie z. B. Frankreich im Beobachtungszeitraum Gebietsveränderungen erfahren haben, die Größen der anfänglich gegebenen Reihe aus der Zeit vor and nach der Gebietsveränderung zweifellos untereinander vergleichbarer machen. Die Division der Reihen durch die Einwohnerzahl macht unsere Schlussfolgerungen exakter, jedoch ist zu bedenken – von einigen Ausnahmen abgesehen – ohne diese Division die gleichen Ergebnisse erzielt.
Die Reihen, die aus der Division der ursprünglichen Daten durch die Einwohnerzahl hervorgehen, sind aber noch immer zusammengesetzte Großen. Sie enthalten jedenfalls zwei Grundkomponenten: a) die allgemeine Tendenz der Entwicklung (secular trend) mit seiner Geschwindigkeit and b) die Beschleunigung dieser Entwicklung. Die allgemeine Tendenz der bearbeiteten Reihen (secular trend) entwickelt sich gleichmäßig oder ungleichmäßig, jedenfalls aber fehlt ihr ihrem Wesen nach das Zyklische. Aus den Reihen der Daten, die wir durch die Bevölkerungszahl dividieren, schalten wir sie aus, indem wir gemäß den Methoden der mathematischen Statistik zu jeder empirischen Datenreihe eine theoretische bilden, welche die allgemeine Richtung der Grundtendenz der empirischen Reihe genau genug ausdrückt.
Nachdem wir die theoretische Reihe gefunden haben, bestimmen wir weiter für jedes Jahr die Abweichung der empirischen Reihe von ihr. Offenbar lassen sich die alljährlichen Schwankungen dieser Abweichungen in einer horizontal verlaufenden Kurve darstellen. Diese Kurve zeigt dann die Veränderungen in der Beschleunigung der Entwickelung der betreffenden Reihe Wenn die allgemeine Tendenz der zu untersuchenden Reihen, wenigstens in dem beobachteten Abschnitt der kapitalistischen Entwicklung, eine bestimmte Richtung - regelmäßig nach oben - einhält and keine Zyklen ergibt, so ist die Veränderung in der Schnelligkeit des Aufstiegs oder seine Beschleunigung eine schwankende Größe and spiegelt das Wechseln der Konjunktur wieder.
Daraus geht hervor, daß die weitere Aufgabe in der Feststellung liegt, ob in der Reihe der Abweichungen der empirischen Reihe von der theoretischen lange Wellen vorhanden sind.
Es ist aber zu bedenken, daß in dieser Reihe n i c h t n u r 1 a n g e Wellen vorhanden zu sein brauchen. Diese Reihe muß nicht nur die langen, sondern auch die mittleren and die kurzen Wellen and auch zufällige Schwankungen widerspiegeln - wo solche vorhanden sind. Um die langen Wellen rein herauszustellen, tun wir den letzten Schritt in der Bearbeitung der Daten and gleichen die jetzt vorliegenden Reihen der Abweichungen nach der Methode des beweglichen Mittelwerts aus, and zwar nehmen wir das bewegliche Mittel für 9 Jahre, um bei der Ausgleichung den Einfluß der mittleren Wellen, deren Lange durchschnittlich etwa 9 Jahre beträgt, zu verwischen and dadurch auszuschalten. Indem wir den genannten Mittelwert bilden, schalten wir aber den Einfluß nicht nur der mittleren Wellen aus, sondern gleichzeitig auch den der kurzen, falls solche vorhanden sind, wie auch den zufälliger Schwankungen. Eben das war aber auch vonnöten“.
Methodik:
(Zitat aus: Kondratieff, N.D., 1926: Die langen Wellen der Konjunktur, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 56. Band. Tübingen: J.C.B. Mohr, S. 575 - 577).
„Bevor wir die tatsächlichen Konjunkturschwankungen betrachten, schildern wir die Methode, nach der wir bei der Untersuchung der einzelnen ökonomischen Elemente verfahren sind.
Die Elemente der ökonomischen Wirklichkeit zerfallen dem Charakter ihrer Dynamik nach zunächst in zwei Gruppen. Für die Elemente der ersten Gruppe ist es charakteristisch, daß sie neben den Schwankungsvorgängen keine allgemeine Tendenz zum Steigen oder Fallen (secular trend) aufweisen oder daß diese Tendenz wenigstens im Beobachtungszeitraum kaum bemerkbar ist. Dahin gehören gewisse werthafte Elemente, z. B. die Waren preise. Wo wir statistische Angaben über die Dynamik von solchen Elementen zur Aufzeigung der langen Wellen aus werten, bedienen wir uns elementarer statistischer Methoden der Analyse. Für die Elemente der zweiten Gruppe - and dahin gehört die Mehrzahl - ist charakteristisch, daß sie, organisch mit der allgemeinen Veränderung des Umfanges des ökonomischen Lebens der Gesellschaft verbunden, in ihrer Dynamik neben Schwankungsvorgängen auch eine allgemeine Tendenz von einer bestimmten Richtung - in der Regel nach oben - bekunden. Dahin gehören a) gewisse rein werthafte Elemente, z. B. der Kapitalzins, der Arbeitslohn, die Bankeinlagen usw., b) Elemente gemischten Charakters, d. h. solche, auf welche die Veränderungen sowohl werthafter als auch naturaler Faktoren Einfluß haben, wie z. B. der in Werten ausgedrückte Umfang des Außenhandels, c) rein naturale Elemente, z. B. Angaben über die Produktion der verschiedenen Industriezweige und über den Verbrauch von gewissen Waren. Legt man der Untersuchung die statistischen Angaben über die Dynamik der Elemente dieser zweiten Gruppe in unbearbeiteter Gestalt zugrunde, so treten die Wellen entweder gar nicht oder nicht deutlich genug in die Erscheinung, and zwar bleiben nicht nur die langen, sondern bei den rein naturalen Elementen auch die anderen Wellen unsichtbar. Daher hatten wir hier kompliziertere Methoden der Verarbeitung statistischer Reihen anzuwenden, um das Vorhandensein oder das Nichtvorhandensein der langen Wellen aufzuzeigen.
Zunächst haben wir die Jahresgrößen dieser Reihen da, wo das Wesen der zu untersuchenden Erscheinung das zuließ, durch die Einwohnerzahl des Landes dividiert. Solche Daten wie die über den Kapitalzins und den Arbeitslohn wurden selbstverständlich nicht dividiert. Das geschah aus zwei Gründen: 1. weil wir so die Kurven, die das real* Wachstum der Gesellschaft ausdrücken, näher bestimmen, and 2. weil wir so bei den Ländern, die wie z. B. Frankreich im Beobachtungszeitraum Gebietsveränderungen erfahren haben, die Größen der anfänglich gegebenen Reihe aus der Zeit vor and nach der Gebietsveränderung zweifellos untereinander vergleichbarer machen. Die Division der Reihen durch die Einwohnerzahl macht unsere Schlussfolgerungen exakter, jedoch ist zu bedenken – von einigen Ausnahmen abgesehen – ohne diese Division die gleichen Ergebnisse erzielt.
Die Reihen, die aus der Division der ursprünglichen Daten durch die Einwohnerzahl hervorgehen, sind aber noch immer zusammengesetzte Großen. Sie enthalten jedenfalls zwei Grundkomponenten: a) die allgemeine Tendenz der Entwicklung (secular trend) mit seiner Geschwindigkeit and b) die Beschleunigung dieser Entwicklung. Die allgemeine Tendenz der bearbeiteten Reihen (secular trend) entwickelt sich gleichmäßig oder ungleichmäßig, jedenfalls aber fehlt ihr ihrem Wesen nach das Zyklische. Aus den Reihen der Daten, die wir durch die Bevölkerungszahl dividieren, schalten wir sie aus, indem wir gemäß den Methoden der mathematischen Statistik zu jeder empirischen Datenreihe eine theoretische bilden, welche die allgemeine Richtung der Grundtendenz der empirischen Reihe genau genug ausdrückt.
Nachdem wir die theoretische Reihe gefunden haben, bestimmen wir weiter für jedes Jahr die Abweichung der empirischen Reihe von ihr. Offenbar lassen sich die alljährlichen Schwankungen dieser Abweichungen in einer horizontal verlaufenden Kurve darstellen. Diese Kurve zeigt dann die Veränderungen in der Beschleunigung der Entwickelung der betreffenden Reihe Wenn die allgemeine Tendenz der zu untersuchenden Reihen, wenigstens in dem beobachteten Abschnitt der kapitalistischen Entwicklung, eine bestimmte Richtung - regelmäßig nach oben - einhält and keine Zyklen ergibt, so ist die Veränderung in der Schnelligkeit des Aufstiegs oder seine Beschleunigung eine schwankende Größe and spiegelt das Wechseln der Konjunktur wieder.
Daraus geht hervor, daß die weitere Aufgabe in der Feststellung liegt, ob in der Reihe der Abweichungen der empirischen Reihe von der theoretischen lange Wellen vorhanden sind.
Es ist aber zu bedenken, daß in dieser Reihe n i c h t n u r 1 a n g e Wellen vorhanden zu sein brauchen. Diese Reihe muß nicht nur die langen, sondern auch die mittleren and die kurzen Wellen and auch zufällige Schwankungen widerspiegeln - wo solche vorhanden sind. Um die langen Wellen rein herauszustellen, tun wir den letzten Schritt in der Bearbeitung der Daten and gleichen die jetzt vorliegenden Reihen der Abweichungen nach der Methode des beweglichen Mittelwerts aus, and zwar nehmen wir das bewegliche Mittel für 9 Jahre, um bei der Ausgleichung den Einfluß der mittleren Wellen, deren Lange durchschnittlich etwa 9 Jahre beträgt, zu verwischen and dadurch auszuschalten. Indem wir den genannten Mittelwert bilden, schalten wir aber den Einfluß nicht nur der mittleren Wellen aus, sondern gleichzeitig auch den der kurzen, falls solche vorhanden sind, wie auch den zufälliger Schwankungen. Eben das war aber auch vonnöten“.
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Sachliche Untergliederung der Datentabellen:
Verzeichnis der Tabellen in HISTAT:
Indexzahlen der in Gold ausgedrückten Warenpreise (1780-1922)
England, Frankreich, Vereinigte Staaten
Indexzahlen der in Papier ausgedrückten Warenpreise (1800-1922)
England, Frankreich, Vereinigte Staaten
Höchster Kurs der festverzinslichen Wertpapiere (1814-1922)
Englische Nominallöhne in Gold (1789-1913)
Gesamtumsätze im französischen Außenhandel (1827-1914)
Die Förderung von Kohle in England und der Verbrauch von Kohle in Frankreich (1827-1917)
Die Roheisenerzeugung und Bleierzeugung in England (1840-1901)
Verzeichnis der Tabellen in HISTAT:
Indexzahlen der in Gold ausgedrückten Warenpreise (1780-1922)
England, Frankreich, Vereinigte Staaten
Indexzahlen der in Papier ausgedrückten Warenpreise (1800-1922)
England, Frankreich, Vereinigte Staaten
Höchster Kurs der festverzinslichen Wertpapiere (1814-1922)
Englische Nominallöhne in Gold (1789-1913)
Gesamtumsätze im französischen Außenhandel (1827-1914)
Die Förderung von Kohle in England und der Verbrauch von Kohle in Frankreich (1827-1917)
Die Roheisenerzeugung und Bleierzeugung in England (1840-1901)
Bearbeitungshinweise
Datum der Archivierung: Januar 2006
Jahr der Online-Publikation: 1926
Bearbeiter in GESIS: Rainer Hinterberg/Jürgen Sensch
Version:Version 1.0.0
Zugangsklasse: -1
Jahr der Online-Publikation: 1926
Bearbeiter in GESIS: Rainer Hinterberg/Jürgen Sensch
Version:Version 1.0.0
Zugangsklasse: -1
Materialien zur Studie
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